Unreflektierte Einführung von Elektromobilität
Keine Berücksichtigung von ÖPNV und Fahrrad

Die Elektromobilität gilt als eine der wichtigsten Maßnahmen zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehrssektor. Doch ist die unreflektierte Einführung von Elektroautos wirklich die beste Lösung für eine nachhaltige Mobilität? In diesem Blogpost möchte ich einige kritische Aspekte beleuchten, die bei der Diskussion um die Elektromobilität oft vernachlässigt werden. Dabei geht es mir nicht darum, die Elektromobilität generell abzulehnen, sondern sie in einen größeren Kontext zu stellen und zu fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, auch andere Verkehrsmittel wie den ÖPNV und das Fahrrad stärker zu fördern.

Einer der häufigsten Einwände gegen die Elektromobilität ist der hohe Energiebedarf und die damit verbundene Umweltbelastung bei der Herstellung der Batterien. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI) benötigt ein Elektroauto mit einer Batteriekapazität von 60 kWh rund 10.000 kWh an Primärenergie für die Batterieproduktion. Das entspricht etwa dem jährlichen Stromverbrauch von drei deutschen Haushalten. Zudem fallen bei der Batterieherstellung große Mengen an Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und Nickel an, deren Abbau oft mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden in den Herkunftsländern einhergeht.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die mangelnde Verfügbarkeit von Ladestationen für Elektroautos, vor allem in ländlichen Gebieten und in Mehrfamilienhäusern. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) gab es Ende 2020 rund 44.000 öffentliche Ladepunkte in Deutschland, was einer Versorgungsquote von 10 Elektroautos pro Ladepunkt entspricht. Zum Vergleich: In Norwegen, dem europäischen Vorreiter in Sachen Elektromobilität, gab es Ende 2020 rund 13.500 öffentliche Ladepunkte für etwa 300.000 Elektroautos, also eine Versorgungsquote von 22 Elektroautos pro Ladepunkt. Um eine flächendeckende Ladeinfrastruktur in Deutschland zu schaffen, müssten laut BDEW bis 2030 mindestens 200.000 öffentliche Ladepunkte errichtet werden, was hohe Investitionskosten erfordert.

Schließlich stellt sich die Frage, ob die Elektromobilität tatsächlich zu einer Verringerung des Verkehrsaufkommens und der damit verbundenen negativen Folgen wie Staus, Lärm und Flächenverbrauch führt. Die Antwort ist: wahrscheinlich nicht. Denn auch wenn Elektroautos emissionsfrei fahren, benötigen sie immer noch Platz auf den Straßen und Parkplätzen, verursachen Lärm durch Reifen- und Windgeräusche und tragen zum Verschleiß der Fahrbahnen bei. Zudem besteht die Gefahr, dass die Elektromobilität zu einem sogenannten Rebound-Effekt führt, das heißt, dass die Menschen mehr Auto fahren, weil sie sich umweltfreundlicher fühlen oder weil die Betriebskosten geringer sind.

Aus diesen Gründen plädiere ich dafür, die Elektromobilität nicht als Allheilmittel für eine nachhaltige Mobilität zu betrachten, sondern sie als einen Baustein in einem umfassenderen Mobilitätskonzept zu sehen, das auch andere Verkehrsmittel wie den ÖPNV und das Fahrrad berücksichtigt. Der ÖPNV bietet den Vorteil, dass er viele Menschen gleichzeitig befördern kann, was den Platzbedarf auf den Straßen reduziert und die Luftqualität verbessert. Das Fahrrad ist nicht nur umweltfreundlich, sondern auch gesundheitsfördernd und kostengünstig. Beide Verkehrsmittel benötigen jedoch eine bessere Infrastruktur und eine höhere Akzeptanz in der Gesellschaft, um eine attraktive Alternative zum Auto zu sein.

Ich möchte mit diesem Beitrag dazu anregen, über die Vor- und Nachteile der Elektromobilität nachzudenken und sich für eine Mobilitätswende einzusetzen, die nicht nur auf die Antriebsart, sondern auch auf die Verkehrsmittelwahl achtet. Denn nur so können wir eine Mobilität erreichen, die nicht nur klimafreundlich, sondern auch sozialverträglich und lebenswert ist.

Autor:

Astrid Günther aus Duisburg

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