Kommunalpolitisches Frühstück von "Essen steht AUF" zur neuen Hartz-IV-"Reform"

Im Schatten anderer Ereignisse wurde die mittlerweile neunte Änderung des Sozialgesetzbuches II seit Einführung von Hartz IV zu einem Randereignis, obwohl es die insgesamt 50 Änderungen in sich haben und viele Millionen Menschen betreffen. Die neuerliche Hartz-IV-"Reform" und unsere Alternativen sind deshalb Thema des nächsten Kommunalpolitischen Frühstücks von "Essen steht AUF" am 7. August.

Hartz-IV-“Reform“: Noch mehr Schikanen und Sanktionen

Zum 1. August 2016 trat die großspurig angekündigte „Rechtsvereinfachung“ bei Hartz IV in Kraft. Wie üblich bei dieser Bundesregierung stehen auch bei dieser „Reform“ einige wenige Verbesserungen einer Fülle von massiven Verschärfungen gegenüber. Ursprünglich sollten Alleinerziehenden bei der Berechnung des Kinderregelsatzes die Tage abgezogen werden, die der Nachwuchs beim anderen Elternteil verbringt. Diese und andere geplante Verschärfungen (wie z.B. massiver Druck zur Zwangsverrentung) wurden aufgrund starker Proteste fallen gelassen.

Übrig bleibt vor allem eine erhebliche Verschärfung der Sanktionspraxis. 2015 waren rund eine Million ALG-II-Bezieher von Sanktionen betroffen. Mit der Ausweitung der „Ersatzpflichtigkeit bei sozialwidrigem Verhalten« wird nun ein neues Folterinstrument eingeführt. Jobcenter sollen allein aufgrund der Unterstellung, eine Kündigung oder Nichteinstellung selbst verursacht zu haben, bis zu vier Jahre lang die Leistung kürzen, streichen und zurückfordern dürfen.

Ein großer Teil der Hartz-IV-Bescheide ist fehlerhaft. Künftig müssen Jobcenter jedoch rechtswidrige Bescheide nicht mehr rückwirkend, sondern erst ab dem Urteilsspruch revidieren. So werden die eigenen Fehler noch zum geldwerten Vorteil gemacht.

Ein Umzug kann vom Jobcenter abgelehnt werden, wenn die neue Wohnung zwar teurer ist, aber trotzdem noch im Rahmen der sogenannten Angemessenheit der Kosten liegt.

Unter dem Deckmantel der „Vereinfachung“ sollen die Heizkosten pauschaliert werden und eine Einzelfallprüfung nicht mehr verpflichtend sein. Der Paritätische Wohlfahrtsverband dazu: „Bereits 2014 blieben Hartz IV Bezieher bundesweit auf 620 Millionen € Wohnkosten sitzen, die nicht übernommen wurden.“

Und um das allen Bedürftigen pauschal unterstellte „sozialwidrige Verhalten“ nachweisen zu können, soll mit monatlichen »automatischen Datenabgleichen« die Überwachung der ALG-II-Bezieher und ihrer Familienmitglieder ausgebaut werden. Künftig drohen sogar Nachbarn oder Vermietern Bußgelder, wenn sie sich weigern dem Jobcenter Auskünfte über Hartz-IV-Bezieher zu geben.

„Essen steht AUF“ lehnt diese Verschärfungen des Hartz-IV-Regimes ab, denn wenn etwas „sozialwidrig“ ist, dann doch wohl die Hartz-Gesetze. Es nützt daher nichts, diese Gesetze zu reformieren, weil sie nie den Zweck hatten, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, sondern die Arbeitslosen und die Arbeitenden. Mit dem Zwang zur Annahme jedes Jobs und der Ausweitung der Leiharbeit wurde ein Niedriglohnsektor geschaffen, der zunehmend dazu führt, dass man selbst mit Arbeit kein Auskommen hat und in absehbarer Zeit Altersarmut grassiert.

Um die Arbeitslosigkeit und ihre Folgen für die Betroffenen wirksam zu mildern, fordert „Essen steht AUF“ nicht einfach nur die Abschaffung der Hartz-Gesetze, sondern
• eine spürbare Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich
• eine Ausbildungsquote von 10 Prozent in Industrie und Verwaltung
• die (Wieder-)Einführung einer echten Arbeitslosenversicherung mit unbegrenztem Bezug des Arbeitslosengeldes für die Dauer der Arbeitslosigkeit
• für nicht Erwerbsfähige eine auskömmliche Sozialhilfe bzw. Grundsicherung

Kommunalpolitisches Frühstück zur Hartz-IV-"Reform": Politische Diskussionsveranstaltung mit Frühstück gegen Spende, am Sonntag, den 7. August, 11.00 – 13.00 Uhr, im Courage-Zentrum, Goldschmidtstr. 3, Essen - Ostviertel

Autor:

Bodo Urbat (Essen steht AUF) aus Essen-Nord

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