Opernpremiere am Aalto Musiktheater:
"Fausto" mit Hindernissen

Gelungene Premiere am Aalto Musiktheater: Mirko Roschkowski (Fausto), Almas Svilpa (Mefistofele) sowie Regisseurin Tatjana Gürbaca in der Rolle der Margarita. | Foto: Forster
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Ein echtes Opern-Fundstück gelangt aktuell im Aalto Musiktheater zur Aufführung: "Fausto" von Louise Bertin. Erst vor wenigen Jahren wurde die Partitur in der Bibliothèque Nationale de Paris wiederentdeckt und feierte nun in Essen Premiere - als deutsche Erstaufführung.

Die Handlung ist nicht ganz unbekannt: Das Libretto von Louise Bertin entstand nach Johann Wolfgang von Goethes gleichnamiger Tragödie: Der gealterte Fausto ist ermüdet und gelangweilt vom Leben, sehnt sich nach Abwechslung. Fausto trifft auf Mefistofele, mit dessen Hilfe er sich in einen jungen Mann verwandelt und in Margaritas Leben tritt. Margarita verliebt sich in Fausto, aber die Liaison mündet in tragischen Ereignissen.
Goethes Tragödie hat zahlreiche Komponisten inspiriert, doch die Französin Louise Bertin hat als 26-Jährige noch vor Hector Berlioz oder Charles Gounod die erste Faust-Oper für die französische Bühne präsentiert. Sie war ein Multitalent im Frankreich des frühen 19. Jahrhunderts und ihr "Fausto" ist eine Oper in italienischer Sprache und Form, jedoch beeinflusst durch den französischen Stil der jungen Komponistin.
Regisseurin Tatjana Gürbaca, u. a. durch ihre Inszenierungen von Wagners „Lohengrin“ und Webers „Der Freischütz“ am Aalto Musiktheater in Essen bekannt, zeichnet verantwortlich für die die erste Inszenierung des Jahres am Aalto Musiktheater. Und stand - nicht ganz freiwillig - zur Premiere selbst auf der Bühne - in der Rolle der Margarita.
Denn Sopranistin Jessica Muirhead, vorgesehen für die Partie der Margarita, konnte diese krankheitsbedingt nicht singen. "Einen entsprechenden Ersatz in einem Stück zu finden, das nicht nur zum ersten Mal in Deutschland, sondern erstmals seit 200 Jahren überhaupt wieder auf einer Bühne zu erleben ist, ist durchaus eine Herausforderung, wie Sie sich vorstellen können", erklärte Intendantin Dr. Merle Fahrholz vor der Premiere. "Wir konnten mit Netta Or eine Sängerin finden, die sich mit der Partie der Margarita kurzfristig vertraut gemacht hat."
In der Premiere sang diese die Partie vom Bühnenrand aus und Regisseurin Tatjana Gürbaca selbst sorgte für die szenische Darstellung auf der Bühne. Eine ungewöhnliche Lösung, aber eine mit durchaus Charme, die von Sängerin und Darstellerin gekonnt gemeistert wurde. Premiere gerettet!
Besonders gelungen ist auch die Besetzung der Titelpartie des Fausto durch Tenor Mirko Roschkowski, der der Inszenierung durch eine kraftvolle Stimme und Darstellung zu einer besonderen Qualität verhilft.
Herausragend auch die Essener Philharmoniker unter der musikalischen Leitung von Andreas Spering, der sich als einer der führenden Spezialisten für historisch informierte Aufführungspraxis in Deutschland einen Namen gemacht hat.
Bei so viel musikalischer Besonderheit an diesem Abend kann man ein wenig darüber hinweg sehen, dass es schon originellere Bühnenbilder am Aalto Musiktheater gegeben hat. Marc Weeger zeichnet verantwortlich. Solide gemacht, aber bis auf ein kleines Feuerwerk zum Schluss kaum besonders.
Die Kostüme (Silke Willrett) und die Einordnung der Handlung in die 50er, frühen 60er-Jahre, erscheinen stimmig und ergeben eine zeitgemäße, nicht zu moderne Gesamtkomposition. Regisseurin Tatjana Gürbaca: "Es war uns wichtig, die Inszenierung in einer Zeit vor Einführung der Anti-Babypille zu situieren, weil dieses Ereignis das Abhängigkeitsverhältnis der Frauen von Männern stark verändert hat."
Unterm Strich lohnt es sich, das Opern-Fundstück "Fausto" am Aalto Musiktheater zu erleben. Die Opera semiseria in vier Akten wird in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln aufgeführt und hat eine Vorstellungsdauer von rund zwei Stunden und 30 Minuten.
Die nächsten Vorstellungen: 8., 23. Februar; 9., 17. März; 6., 24. April; 11. Mai
Die nächste Premiere: „L’amant anonyme oder Unerwartete Wendungen", Comédie Mêlée in zwei Akten von Joseph Bologne, am 16. März im Aalto Musiktheater

Gelungene Premiere am Aalto Musiktheater: Mirko Roschkowski (Fausto), Almas Svilpa (Mefistofele) sowie Regisseurin Tatjana Gürbaca in der Rolle der Margarita. | Foto: Forster
Die Oper "Fausto" von Louise Bertin ist erstmals seit 200 Jahren wieder auf einer Bühne zu erleben, hier der Opernchor des Aalto Musiktheaters.
 | Foto: Forster
Autor:

Frank Blum aus Essen-Süd

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