Der Optimierungswahn geht weiter und das mitten in einer Pandemie! Sehr schlechtes Timing!

Diskussion um Kranken­hausschließungen wird lauter

Während sich die deutschen Krankenhäuser auf steigende Zahlen von COVID-19-Patienten in Herbst und Winter vorbereiten, wird die Diskussion um den Abbau von Krankenhauskapazitäten zunehmend lauter geführt. So erklärte der Gesundheitsökonom Reinhard Busse von der Technischen Universität Berlin in einem Interview mit der taz, dass aus seiner Sicht etwa 800 der 1.400 Akutkrankenhäuser in Deutschland verzichtbar seien.
Dabei gehe es weniger um deren Schließung als darum, wie das Krankenhaus der Zukunft aussehe. „Nehmen wir die Herzinfarkte“, erklärte Busse. „Jeden Tag bekommen 500 Menschen in Deutschland einen Herzinfarkt. Wir verteilen diese Menschen auf 1.300 Krankenhäuser. Das durchschnittliche Krankenhaus hat aber erstens keinen Herzkatheter und zweitens keinen Kardiologen, der rund um die Uhr da ist. Wir verteilen Patienten auf viel zu viele Häuser, die für eine adäquate Versorgung weder technisch noch personell ausgestattet sind.“
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hält dagegen. Die Forderungen von Busse, radikal umzudenken, könne man nur mit der Einschätzung „radikal daneben“ beantworten, meinte DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum. „Spätestens nach den Erfahrungen der Coronapandemie entbehrt es nicht einer gewissen Tragik, dass er weiterhin nicht erkennt, dass Daseinsvorsorge nicht mit radikaler Zentralisierung zu erreichen ist.“
Dieser Ansicht ist auch der frühere Ärztliche Direktor des Asklepios Klinikums Langen, Ernst Hanisch. Denn „es gibt Hinweise auf eine Assoziation von erhöhter COVID-19-Sterblichkeit in Ländern mit nachgewiesener niedriger Bettenanzahl“, sagte er dem Deutschen Ärzteblatt.
Auch im Hinblick auf die Coronapandemie hält Hanisch die Ansicht für nicht angebracht, die Krankenhäuser, die sich weniger oder nicht an der Versorgung von COVID-19-Patienten beteiligt haben, seien eher entbehrlich. „Da realistisch betrachtet nicht davon auszugehen ist, dass die Pandemie in absehbarer Zeit beherrschbar sein wird, ist das Kriterium, Krankenhäuser, die sich aktuell nicht an der Versorgung von COVID-19-Patienten beteiligt haben, zu schließen, völlig irrational“, meint er. „Es gibt doch noch andere Krankheiten, die behandelt werden müssen.“
Hanisch stört in der Diskussion um Krankenhausschließungen zudem, dass die Kategorie „klein“ oft mit der Kategorie „unnötig“ gleichgesetzt wird: „Es ist ein großer Unterschied, ob man über Kliniken nachdenkt, die möglicherweise nicht zwingend benötigt werden, oder ob man der Ansicht ist, dass per se kleine Kliniken geschlossen werden könnten.“
Kritik an heutiger Qualitätssicherung
Zudem kritisiert Hanisch die Qualitätssicherungsmaßnahmen in Deutschland, bei denen die Krankenhäuser zahlreiche Struktur- und Outcomeparameter dokumentieren müssen. Sinnvoller ist es aus seiner Sicht, den Mitarbeitern eines Krankenhauses mehr Verant­wortung zu geben. Er schlägt vor, in einer Modellregion ein übergeordnetes Ziel zu formulieren, in der die an der Basis Arbeitenden ein praktisches Konzept entwickeln, wie dieses Ziel erreicht werden kann.
Dadurch könne die Motivation der Mitarbeitenden – im Gegensatz zu Top-Down-Modellen – erhöht werden. „Dabei können die Ziele für jede Region anders aussehen“, sagt Hanisch. „Denn in einer Metropolregion wird man andere Lösungen entwickeln als in einer ländlich geprägten Region.“ Der Lohn einer solchen Maßnahme sei eine höhere Zufriedenheit der Beschäftigten.
https://www.facebook.com/marchubbertcdu
© fos/aerzteblatt.de

Autor:

Marc Hubbert aus Essen-Ruhr

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