Erfolglose Hausarztsuche in Lünen

Der 78-jährige Lüner Rentner Gerd hat eine Odyssee hinter sich. Dabei hat er nur eins in der Umgebung gesucht: einen Hausarzt. Und bisher hat er noch immer keinen gefunden. Ein echtes Problem für den Lüner, der auch kein Auto besitzt. Und schnelle Abhilfe ist nicht in Sicht.

Zuvor war Gerd beim Lüner Hausarzt Dr. Thomas Sültrup in der Behandlung, der in den Ruhestand ging und keinen Nachfolger für seine Praxis gefunden hatte (wir berichteten). Nun ist der 78-jährige Gerd einer von ca. 3.000 Patienten, die sich einen neuen Hausarzt suchen müssen. „Ich war bei fünf Ärzten in der Umgebung, keiner hat mich angenommen“, berichtet der Lüner, der auf Medikamente angewiesen ist. Morphium, Herz- und Blutdrucktabletten müssen eingenommen werden. Der Rentner hat kein Auto, nur einen kleinen Elektro-Shopper. Was können Menschen in so einer Situation machen? Wir fragten bei der Knappschaft Krankenkasse nach, die auch für Gerd zuständig ist. „Das ist keine so leichte Frage. Wir haben einen Facharzt-Telefonservice. Dabei unterstützt die Knappschaft bei der Vermittlung von Arztterminen“, sagt Knappschaft-Pressesprecherin Claudia Müller. Das Facharzt-Telefon gelte in erster Linie, wie der Name schon sagt, für Fachärzte. Zunächst kann die Krankenkasse mitteilen, welche Hausärzte es in der Nähe gibt. „Unsere Kunden können aber auch beim Facharzttelefon nachfragen und wir versuchen dann auch bei der Vermittlung von Hausärzten zu helfen“, so Müller.

Keine schnelle Lösung in Sicht

Eine Patentlösung gäbe es aber nicht, wenn die Ärzte in der Umgebung voll sind, sei der Zustand vor Ort auch von den Krankenkassen nicht zu ändern.
Auch bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen Lippe gibt es keine schnelle Lösung für das Problem des 78-jährigen Lüners. Denn das Hauptproblem, dass Hausärzte keinen Praxisnachfolger finden, sei gegeben, sagt der zuständige Pressesprecher Christopher Schneider. Die Zahlen in Westfalen lassen nichts Gutes vermuten: Perspektivisch werden 2.000 Ärzte aufhören. „Aufgrund des fehlenden Ärztenachwuchses werden ca. zwei Millionen Menschen einen neuen Hausarzt suchen“, so Schneider. Die einzigen Tipps, die Schneider nennt: „Man muss am Ball zu bleiben. Das Gespräch mit Ärzten vor Ort suchen und die Problematik erklären, dass man nicht mobil ist. Ansonsten kann man schauen, welche Hausärzte gut über öffentlichen Verkehrsmittel erreichbar sind“. Verpflichten kann man Hausärzte nicht, Patienten aufzunehmen. „Wenn Hausärzte nicht mehr die Versorgung der bestehenden Patienten aufrecht erhalten können, dürfen sie neue Patienten ablehnen“, so Schneider.

Ärzte nicht für Gebiete verpflichten

Andere Lösungen, Ärzte für Gebiete „zwangszuverpflichten“ sind nicht möglich. Solche Modelle gäbe es zwar u.a. in skandinavischen Ländern, wo der Staat bestimmt, wo Ärzte sich niederlassen. „Aber die Patienten haben keine freie Wahl und müssen zu den zugeteilten Ärzten gehen“, sieht Schneider dieses System nicht als perfekte Lösung an. Auch eine Aufteilung der Patienten sei nicht möglich, um vielleicht Ältere und nicht so mobile Patienten in der Nähe versorgen zu können. „Man kann ja nicht Patienten separieren und z.B. jüngere Stamm-Patienten dazu zwingen, sich einen anderen Arzt zu suchen, der weiter weg ist“, so Schneider abschließend. Das Problem des Ärztemangels ist wohl ein Problem, dass der Patient bisher (fast) selbst zu lösen hat.

Haben auch Sie Probleme einen Hausarzt zu finden? Dann schreiben uns Ihre Erlebnisse als Kommentar oder an Lüner Anzeiger, Marktstraße 2a, 44532 Lünen oder per Mail an redaktion@lueneranzeiger.de

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