Schock an Mülheimer Gustav-Heinemann-Schule
PCB-Werte überschreiten Grenzwert um ein Vierfaches

Schock an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule: Im Inneren wurde eine hohe PCB-Konzentration festgestellt. | Foto: PR-Foto Köhring
  • Schock an der Gustav-Heinemann-Gesamtschule: Im Inneren wurde eine hohe PCB-Konzentration festgestellt.
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Der krebserregende und hochgiftige Stoff PCB ist in Deutschland bereits seit 1989 verboten. In der Mülheimer Gustav-Heinemann-Schule wurde der noch zulässige Grenzwert bei kürzlich durchgeführten Messungen allerdings um ein Vierfaches überstiegen - und das, obwohl die Schule seit einer vor 15 Jahren durchgeführten Schadstoffsanierung als PCB "frei" galt. Ein Schock für die Stadt, laut der es nun "aktuellen Handlungsbedarf" gibt. Zudem prüft die Stadt derzeit rechtliche Schritte gegen das Unternehmen, das die Schadstoffsanierung durchführte.

"Auch wir sind von dem erhöhten Wert überrascht", bestätigt Mülheims Stadtsprecher Volker Wiebels auf Anfrage der Mülheimer Woche. Da die marode Außenfassade der Gesamtschule in Kürze saniert werden soll, führte die Stadt in der vergangenen Woche vorbereitende Mapßnahmen durch. "Eigentlich sollte gar keine PCB-Messung durchgeführt werden, da die Schule seit der Schadstoffsanierung vor 15 Jahren als PCB frei galt." Nur durch das Drängen einer Mitarbeiterin wurde doch ein PCB-Test durchgeführt. Und genau dieser sorgte für den Schock.

PCB als Klebstoff

"Wir vermuten, dass die Fassadenplatten mit PCB abgedichtet wurden. Früher war es in vielen Klebstoffen enthalten", so Wiebels. Aus den Fugen, so vermutet die Stadt, ist das Polychlorierte Biphenyl, wie PCB mit vollem Namen heißt, in den Beton gezogen und dadurch messbar geworden. Doch hätte das nicht vor 15 Jahren auffallen müssen? "Wir prüfen Regressansprüche", bestätigt Wiebels.
Grund zur Sorge bestehe laut des Stadtsprechers dennoch nicht. "Von den 23 untersuchten Räumen wurde nur in einem einzigen Raum ein erhöhter Wert festgestellt." Dort wurde der Grenzwert von 300ng/m³ leicht überschritten. Obwohl keine ernsthafte Gefahr bestehe, sperrte die Schule den Raum vorsorglich. In einigen Flurbereichen überstieg die Konzentration in der Raumluft den genannten Grenzwert von 300ng/m³ um ein Vierfaches. In diesem Bereich spricht der Gesetzgeber von  einem "Mittelfristigen Handlungsbedarf". 

Gesundheitsamt beruhigt und empfiehlt Stoßlüften

Auch das Gesundheitsamt hält die gemessenen Werte nicht für problematisch. „Die aufgeführten Konzentrationsbereiche basieren auf der Bewertung der PCB-Aufnahme des Körpers während der Aufenthaltsdauer von 24 Stunden in den betroffenen Bereichen. Mit einer durchschnittlichen Aufenthaltsdauer von maximal acht Stunden in den Bereichen der Unterrichtsräume und einer wesentlich geringeren Aufenthaltsdauer in den Flurbereichen ist davon auszugehen, dass die täglich tolerable Aufnahmemenge aufgrund der bislang vorliegenden Messwerten in der Regel nicht ausgeschöpft wird“, erläutert Dr. Frank Pisani vom Gesundheitsamt der Stadt.
Schul- und Gesundheitsdezernent Marc Buchholz sowie Immobilien- Dezernent, Stadtkämmerer Frank Mendack haben in Abstimmung mit ihren Fachleuten dennoch die folgenden Maßnahmen beschlossen:

  • Durchführung von weiteren Messungen in allen Räumen der Gustav-Heinemann-Schule in den diesjährigen Osterferien.
  • Aufspüren der PCB-Quellen und Bewertung, welche Maßnahmen zur Beseitigung ergriffen werden müssen.
  • Auf Empfehlung des Gesundheitsamtes Einführung von regelmäßigen Stoßlüftungen vor den Unterrichtsstunden als Vorsorgemaßnahme, um die Raumluftkonzentrationen zu verringern.
  • Regelmäßige Informationen in den Schulmitwirkungsgremien durch die zuständigen Vertreter der Stadt über den weiteren Fortgang der Angelegenheit.
  • Weitere Begleitung durch das Gesundheitsamt, welches auch für Rückfragen aus der Schulgemeinde hinsichtlich grundsätzlicher Auswirkungen von Schadstoffen auf die Gesundheit zur Verfügung steht.

In einem Gespräch der beiden Dezernenten mit der Schulleitung sowie Eltern- und Schülervertretern wurden die genannten Maßnahmen vorgestellt und einvernehmlich so vereinbart. 

Lob vom Bündnis für Bildung

"Vorab ein Dank an die beteiligten städtischen Ämter für ihre unverzügliche und sachliche Unterrichtung der betroffenen Schüler, Lehrer und Angestellten der Gustav-Heinemann-Schule sowie der Eltern und der Öffentlichkeit", lobt Lutz Zimmermann, Fraktionsvorsitzeder des Bündnis für Mülheim, die Stadtverwaltung. Er richtet auch gleichzeitig die Bitte an die Stadt, auch an den anderen Schulen verdachtsunabhängige Messungen vorzunehmen. "Natürlich ist es gerade für unser Bündnis für Bildung unabdingbar, dass unsere Kinder den Umständen entsprechend in gesundheitlicher Hinsicht in einwandfreien Schulgebäuden unterrichtet werden", schiebt er nach.

Weitere PCB-Tests in den Osterferien

In den Osterferien wird die gesamte Schule auf PCB getestet. "PCB ist besser bei sommerlichen Außentemperaturen messbar", so Volker Wiebels. Um die Temperaturen nochmal künstlich zu erhöhen, wird die Schule in den Ferien einmal durchgeheizt. "Wir hoffen, dass wir dabei kein weiteres PCB messen werden", so Wiebels.
"Bedauerlicherweise wird sehr oft nicht nur bei PCB versucht, gefunden Werte zu 'bagatellisieren' und mit oft erfolglosen Lüftungskonzepten, Sanierversuchen eine echte Sanierung so lange als möglich zu vermeiden. Offensichtlich gehen Sie ja, anders als Verantwortliche in vielen anderen Städten, offensiv und transparent mit dem Schadstoffproblem auch an die Öffentlichkeit", lobt Baustoffexperte Josef Spritzendorfer in einem Brief an Mülheims Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD).

Autor:

Christian Schaffeld aus Oberhausen

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