Gedenkgottesdienste für die "Unbedachten"
Buch mit 2.677 Namen übergeben

Unser Foto zeigt v.li.n.re.: Superintendentin Marion Greve (Kirchenkreis Essen), Oberbürgermeister Thomas Kufen (Stadt Essen), Stadtdechant Jürgen Schmidt (Stadtdekanat Essen), Pfarrer Fritz Pahlke (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Essen – ACK), Dr. Claudia Kauertz (Leiterin des Stadtarchivs), Dr. Petra Bernicke (Leiterin des Marktkirchenbüros) bei der Übergabe des Gedenkbuchs mit 2.677 Namen in der Marktkirche. | Foto: Kirchenkreis Esen/Alexandra Roth
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  • Unser Foto zeigt v.li.n.re.: Superintendentin Marion Greve (Kirchenkreis Essen), Oberbürgermeister Thomas Kufen (Stadt Essen), Stadtdechant Jürgen Schmidt (Stadtdekanat Essen), Pfarrer Fritz Pahlke (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Essen – ACK), Dr. Claudia Kauertz (Leiterin des Stadtarchivs), Dr. Petra Bernicke (Leiterin des Marktkirchenbüros) bei der Übergabe des Gedenkbuchs mit 2.677 Namen in der Marktkirche.
  • Foto: Kirchenkreis Esen/Alexandra Roth
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Die jüngste Verstorbene wurde nur sieben Tage alt, die älteste starb im Alter von 105 Jahren: Im Rahmen einer öffentlichen Zeremonie haben die christlichen Kirchen Oberbürgermeister Thomas Kufen ein Gedenkbuch mit den Namen von 2.677 „Unbedachten“ übergeben – Menschen, die in den vergangenen neun Jahren auf Veranlassung des städtischen Ordnungsamtes ohne Trauerfeier und anonym bestattet werden mussten, weil niemand da war, der für eine würdige Verabschiedung sorgen konnte. Wie das erste Gedenkbuch, das die Namen von 1.078 „Unbedachten“ aus den Jahren 2008 bis 2011 enthält, wird es fortan im Essener Stadtarchiv aufbewahrt und dort zugänglich sein.

An jedem zweiten Dienstag im Monat erinnern die christlichen Kirchen und die Stadt Essen in einem Gedenkgottesdienst gemeinsam an die „Unbedachten“. Im Gottesdienst werden die Namen der Verstorbenen verlesen und für jeden von ihnen wird dabei eine Kerze entzündet. Die Andacht findet jährlich wechselnd im Dom und in der Marktkirche statt; an der Liturgie wirken jedes Mal ein evangelischer und ein katholischer Seelsorger mit.

Essen war im Jahr 2008 nach Köln die zweite Stadt, die diese neue Gedenktradition ins Leben rief. Mehrere Krankenhausseelsorger und der kürzlich verstorbene Pfarrer Gerd Belker, seinerzeit Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Essen (ACK), hatten sich dafür eingesetzt – in der Marktkirche erinnerte Pfarrer Fritz Pahlke an diese Anfänge. Anlass für ihre Initiative war seinerzeit die steigende Zahl von Menschen, die ohne Angehörige sterben und deshalb von Amts wegen anonym beerdigt werden müssen.

Beisetzung ohne Gebet und Geleit

„Um den völlig anonym beigesetzten Mitbürgerinnen und Mitbürgern ein Gedenken über ihren Tod hinaus zu bewahren, entstanden die Essener Gedenkgottesdienste für die ‚Unbedachten‘: für alle, die ohne Nennung ihres Namens, ohne Gebet und Geleit beigesetzt werden“, erklären die Kirchen im Vorwort des Gedenkbuches. Die Verstorbenen „haben unter uns gelebt, gewohnt und gearbeitet. Ihr Vermächtnis hört mit ihrem Tod nicht auf… Es ist immer neu bewegend, wenn ihre Namen im Gottesdienst genannt werden und den Raum füllen, wenn für jeden und jede von ihnen an der Osterkerze ein Licht entzündet wird. Das Licht der Hoffnung auf Gottes Leben in Fülle schenkt Trost und Ermutigung.“

Oberbürgermeister: Würdevoller Abschied ist wichtig

Als „Erstem Bürger dieser Stadt“ sei es ihm ein wichtiges Anliegen, dass die „Unbedachten“ einen würdevollen Abschied erhielten, erklärte Oberbürgermeister Thomas Kufen bei der Übergabe. Ob es bei der Erinnerung an ein gelebtes Leben bleibe oder es eine Bestimmung des Menschen über dessen Tod hinaus gebe, sei aus seiner Sicht als Oberbürgermeister nicht ausschlaggebend: „Die Gedenkgottesdienste tragen zu jenem symbolischen Band bei, das sich ausnahmslos um alle Mitglieder unserer Stadtgesellschaft legen soll. Deshalb lade ich Monat für Monat gerne gemeinsam mit den Kirchen zu ihnen ein.“

Liturgie ist einrahmend, nicht vereinnahmend

Das Gedenken an die Toten sei „einer der wichtigsten Teile der christlichen DNA“ und gerade deshalb sei das Gedenken an die „Unbedachten“ den Kirchen ein so großes Bedürfnis, sagte Stadtdechant Jürgen Schmidt. Zwar gebe es in den beiden großen Konfessionen, auch im kirchlichen Jahreskalender, unterschiedliche Traditionen des Totengedenkens. „Aber die Überzeugung, dass kein Leben ins Leere laufen darf, verbindet uns und führt uns zu dieser besonderen Form und einer gemeinsamen Liturgie zusammen. Ich empfinde sie nicht als vereinnahmend, sondern als einrahmend. Und ich bin dankbar dafür, dass wir diese Gottesdienste schon eine so lange Zeit zusammen mit der Stadt Essen anbieten können.“

Superintendentin Marion Greve bekräftigte diese Haltung: „Mit unserem Gedenken drücken wir die Überzeugung aus, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner Geschichte, seiner Herkunft oder seinen Einstellungen, letztendlich ein Geschöpf Gottes ist und auch über den Tod hinaus bleibt. Der Gedanke, dass kein Name unvergessen, sondern im Himmel aufgeschrieben ist, tröstet und stärkt unsere Gemeinschaft gleichermaßen.“

Autor:

Stefan Koppelmann aus Essen

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