Ein Knöllchen und ganz viel Theater

Gabriele, Steffen und Uwe Krautwald mit ihrem Auto: Der Ford Fiesta ist gelb und hat nur eine rote Motorhaube. Aber das Nummernschild ist gleich. Foto: Backmann-Kaub
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Das darf doch gar nicht wahr sein!“, denkt man bei manchen Fällen. Hier ist so einer. Alles begann ganz harmlos. Mit einem Knöllchen über 15 Euro.

Den Bußgeldbescheid erhielt Gabriele Krautwald, Im Ort 4, als Halterin des Autos UN-MQ 252. Ihr Ford sollte am 16. Juni in der Stresemannstraße in Bergkamen im eingeschränkten Halteverbot geparkt haben.

Die Lünerin wunderte sich. Denn ihr Sohn Steffen, der das Auto fährt, hatte zu dem genannten Zeitpunkt gearbeitet, aber nicht in Bergkamen, sondern in Lünen. Ausgeschlossen, dass er ein Knöllchen in Bergkamen bekommen hatte.

Nachforschungen der Familie ergaben zwei erstaunliche Tatsachen: Bei dem falsch geparkten Auto handelte es sich zwar auch um einen Ford Fiesta, aber um einen roten. Das Auto der Krautwalds ist gelb, hat nur eine rote Motorhaube, die nach einem Unfall eingebaut wurde. Das Kennzeichen beider Fords ist gleich: UN-MQ 252.

„Das Auto, das sich im Halteverbot befand, ist nicht mein Auto. Das Nummernschild wurde doppelt vergeben“, schrieb Steffen Krautwald im Anhörbogen zur schriftlichen Verwarnung. „Doch dieser Brief kam aus irgendwelchen Gründen nicht an“, berichtet Vater Uwe Krautwald dem Lüner Anzeiger.

So erhielt die Familie erst einen Bußgeldbescheid über 38,45 Euro und schließlich eine Mahnung über 44,45 Euro. Die Krautwalds sahen gar nicht ein, dass sie für etwas bezahlen sollten, was sie gar nicht getan hatten, und zahlten nicht. Es gab Telefongespräche hin und her.

Am 9. September schrieb Werner Ruddigkeit vom Rechtsamt der Stadt Bergkamen an Gabriele Krautwald u. a. „Der Bußgeldbescheid ist seit dem 05.08.2011 rechtskräftig. Ich sehe daher keine Möglichkeit, den Bußgeldbescheid zurückzunehmen. Auch die Einleitung eines Verfahrens gegen den Halter des roten Fiesta ist von hier nicht mehr möglich. Sie haben jedoch im Rahmen des Zivilrechts die Möglichkeit, sich die Kosten aus dem Bußgeldverfahren vom Halter des roten Fiesta erstatten zu lassen.“

Gleichzeitig wurde ein Foto des falsch geparkten Fiestas geschickt und die Telefonnummer der Selmer Verkäuferfirma. Mit der könnten sich die Krautwalds in Verbindung setzen, um den Halter des anderen Fiestas zu ermitteln. Aber: Die Kosten des Bußgeldbescheids müssten bezahlt werden, höchstens auf die Mahngebühren könne man verzichten.
Uwe Krautwald findet das empörend: „Ich bin stinkesauer! Wieso sollen wir für etwas zahlen, das wir gar nicht getan haben.“

Diese Frage stellte der Lüner Anzeiger Rechtsdirektor Bernd Roreger, dem Leiter der Rechtsabteilung Bergkamen. „Das tut mir außerordentlich leid. Aber der Bußgeldbescheid ist rechtskräftig, weil bei uns innerhalb der Fristen kein schriftlicher Widerspruch eingegangen ist. Der Gesetzgeber will das so, damit Verfahren zu einem bestimmten Zeitpunkt abgeschlossen sind und sich nicht endlos hinziehen. Wir sind auf die Mitwirkung des Bürgers angewiesen.“ Ähnlich sieht das auch der Rechtsanwalt, den Familie Krautwald einschaltete.

„Kommt das öfter vor, dass Autokennzeichen doppelt ausgegeben werden?“, fragte der Lüner Anzeiger Ulrike Seifert, die Verantwortliche bei der Zulassungsstelle des Kreises Unna. „Doppelte Nummern gibt es nicht. Es ist ausgeschlossen, dass ein Kennzeichen zweimal vergeben wird“, sagt die Expertin. Wenn so etwas passiert, könne es ein Fehler des Schildermachers sein. Die starre Haltung der Stadt Bergkamen findet sie „befremdlich“.

Ulrike Seifert ließ der Fall keine Ruhe. Nachdem ihr der Lüner Anzeiger den ganzen Schriftverkehr gefaxt hatte, forschte sie im Computer nach. Und siehe da – sie fand die Lösung. Es war tatsächlich ein Fehler des Schilderherstellers: Er druckte als letzte Ziffer eine 2 statt einer 3.
„Das richtige Kennzeichen des zweiten Ford Fiesta lautet UN-MQ 253. Inzwischen habe ich veranlasst, dass dieses Fahrzeug mit neuen Kennzeichenschildern versehen wird,“ schrieb die Kfz-Zulassungschefin an Frau Krautwald. Sie will sich dafür einsetzen, dass die Stadt Bergkamen den Bußgeldbescheid zurücknimmt. Und entschuldigte sich sogar, dass der Fehler bei der Siegelung des Schildes in der Zulassungsstelle nicht aufgefallen sei.

„Als kleine Wiedergutmachung“ legte sie einen Gutschein für ein Wunschkennzeichen in den Brief. „Es gibt doch noch Leute bei der Behörde, die richtig ticken“, freut sich Uwe Krautwald.

Autor:

Doro Backmann-Kaub aus Lünen

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