Betrugsmaschen im Kreis Wesel
Wie man sich gegen falsche Handwerker, Schockanrufe oder Gewinnversprechen schützt

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Kriminelle sind flexibel: Sie lassen sich immer neue Vorgehensweisen einfallen, mit denen sie arglose Menschen um ihr Geld erleichtern können. Welche Betrugsmaschen kursieren zurzeit am Niederrhein? Die Kreispolizei Wesel gibt unserer Leserschaft einen Überblick.

Kriminalhauptkommissar Markus Köper befasst sich bei der Kreispolizeibehörde Wesel mit dem Phänomen „Straftaten zum Nachteil älterer Menschen“ und gibt nachfolgend den Senioren des Kreises Wesel einen Überblick über gängige Betrugsmaschen und den dazugehörigen Verhaltenstipps.

Markus Köper erklärt: "Kriminalität kann grundsätzlich jeden treffen. Im Wesentlichen hängt dies aber vom eigenen Verhalten ab." Ältere Menschen seien beispielsweise zur Hilfsbereitschaft und zur Höflichkeit Fremden gegenüber erzogen worden. Sie hätten nicht gelernt, „Nein“ zu sagen und sie setzen die Ehrlichkeit anderer Menschen voraus. "Es fehlt einfach das gesunde Misstrauen", meint der Ermittler und weiß aus Erfahrung, dass die zuvor genannten Merkmale beim „Enkeltrick“ eingesetzt werden.

Der Enkeltrick

Wie der funktioniert? Eigentlich ganz einfach: Kriminelle melden sich per Telefon und nutzen die Gutgläubigkeit ihrer Opfer aus, um an deren Geld zu kommen. Mit den Worten „Rate mal wer hier spricht“ oder „Rate mal wer dran ist“ rufen Betrüger bei meist älteren und allein lebenden Personen an, geben sich als Verwandte, Enkelkind oder auch gute Bekannte aus und bitten kurzfristig um Bargeld. Als Grund wird ein finanzieller Engpass oder eine Notlage vorgetäuscht, beispielsweise ein Unfall, ein Auto- oder Computerkauf.

Markus Köper: "Die Lage wird immer als äußerst dringlich dargestellt. Oft werden die Betroffenen durch wiederholte Anrufe unter Druck gesetzt und zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sobald das Opfer zahlen will, wird eine Person angekündigt, die das Geld abholt." Haben die Betroffenen die geforderte Summe nicht parat, würden sie gebeten, unverzüglich zur Bank zu gehen.

Bei der Masche „Falscher Polizeibeamter“ ist die Vorgehensweise ähnlich. Auch hier versuchen Kriminelle am Telefon unter verschiedenen Vorwänden, die Opfer dazu zu bringen, Geld und Wertgegenstände im Haus oder auf der Bank an jemanden zu übergeben, der sich als Polizist ausgibt. Man habe angeblich eine Bande festgenommen, bei denen ein Zettel mit ihrer Anschrift gefunden wurde. Dazu behaupten sie, dass die Wertgegenstände zu Hause nicht mehr sicher seien.

Die sichtbare Polizei-Notrufnummer beweist gar nichts!

Oft sei bei solchen Anrufen die Polizei-Notrufnummer 110 im Display zu sehen. Durch eine spezielle Technik wurde sie an eine örtliche Telefonnummer angehängt. "Es ist aber nicht die Polizei", betont der Hauptkomissar und warnt: "Unbedingt merken: Die Polizei ruft nie über 110 an!" Es handele sich um eine reine Notrufnummer und nicht um eine „normale“ Telefonnummer.

Eine weitere gängige „Masche“ ist der „Schockanruf“. Bei dieser Variante behaupten Kriminelle, es sei zu einem schweren Verkehrsunfall (oft im Ausland) gekommen, bei dem ein Verwandter selbst oder ein Kind schwer verletzt oder sogar getötet wurde. Köper: "Oft ruft ein angeblicher Rechtsanwalt an und fordert eine hohe Geldsumme für ärztliche Behandlungskosten, Schmerzensgeld oder eine Strafkaution, damit der Familienangehörige nicht ins Gefängnis muss. Hier wird ein noch höherer emotionaler Druck als beim 'Enkeltrick' ausgeübt. Die Kriminellen steigern je nach Reaktion des Opfers immer weiter die Dramatik, bis es sich hilfsbereit und zahlungswillig erklärt.

Verhaltenstipps:

  • Seien Sie immer misstrauisch.
  • Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen. Legen Sie den Hörer auf, wenn Ihnen etwas
  • merkwürdig erscheint oder jemand von Ihnen Geld haben möchte.
  • Lassen Sie sich nicht ausfragen. Sprechen Sie am Telefon nicht über Ihre persönlichen und
  • finanziellen Verhältnisse. Die Polizei erfragt telefonisch keinen Kontostand.
  • Übergeben Sie niemals Geld oder Wertgegenstände an fremde, unbekannte Personen.
  • Wenden Sie sich an ein Familienmitglied oder an eine Vertrauensperson, um die Sache zu
  • klären.
  • Informieren Sie sofort die Polizei über die Notrufnummer 110, wenn Ihnen ein Anruf
  • verdächtig vorkommt.

Abzocke am PC - der Microsoft-Trick

Die Kripo warnt: Vorsicht sollte man auch bei angeblichen Mitarbeitern des technischen Supports von Microsoft sein. Hier häufen sich die Beschwerden über Betrüger, die am Telefon behaupten, dass ihr Computer angeblich von Viren befallen sei. Die häufig nur englisch oder gebrochen deutsch sprechenden, falschen Support-Mitarbeiter bieten an, ihnen beim Säubern des PCs zu helfen und versuchen, ihre Opfer am Telefon zu überreden, unter ihrer Anleitung bestimmte Schritte am PC auszuführen. "Zusätzlich zu den Fake-Anrufen nutzen die Betrüger heute aber auch vermehrt E-Mails, infizierte Webseiten und Popups", so die Erfahrung von Markus Köpers und seiner Kollegenschaft.

Tipps dazu:

  • Geben Sie keine privaten Konto- oder Zugangsdaten heraus.
  • Microsoft führt nach eigenen Angaben keine unaufgeforderten Telefonanrufe durch, um
  • schadhafte Geräte zu reparieren. Selbst auf offizielle Support-Anfragen erfolgen Hilfestellungen ausschließlich per E-Mail.
  • Werden Sie von einem angeblichen Microsoft-Mitarbeiter angerufen, beenden Sie sofort das
  • Gespräch.
  • Lassen Sie sich nicht von Drohungen irritieren, wonach die Anrufer Ihre Windows-Version
  • löschen, wenn Sie das Programm nicht installieren.
  • Haben Sie bereits mit einem falschen Microsoft-Mitarbeiter gesprochen, trennen Sie Ihren PC
  • vom Netz.
  • Melden Sie den Betrugsfall der Polizei.
  • Lassen Sie Ihren PC von einem Computerexperten überprüfen.

Falsche Gewinnversprechen

Kriminelle rufen an, und geben sich z.B. als Rechtsanwalt oder Notar aus. Sie geben vor, der
Angerufene habe bei einem Gewinnspiel einen hohen Geldbetrag oder ein Auto gewonnen. Vor der
Übergabe des Gewinns sei allerdings noch eine „Verwaltungs- oder Bearbeitungsgebühr“ zu
entrichten. Meist handelt es sich bei der Gebühr um einen höheren Geldbetrag. Die Bezahlung könne  der Bargeldtransfer (meistens ins Ausland; abzuwickeln z.B. über „Western Union Money Transfer“) oder in Form von Prepaid-Coupons (z.B. „Paysafe-“,- „Ukash-“ oder „iTunes-„ Cards) erfolgen.
Die Prepaid-Coupons kann man in Tankstellen, an Kiosken oder in Einzelhandelsgeschäften kaufen. Sie sind mit einer mehrstelligen, individuellen Codenummer versehen, ähnlich einer PIN-Nummer. Wer diesen Code besitzt, kann ihn in Internetbezahlsystemen eingeben und wie Bargeld für Käufe im
Internet nutzen. Anschließend ist der Coupon wertlos. Die Übergabe des Gewinns erfolgt nie.

Tipps:

  • Merke: Wer an keinem Gewinnspiel teilgenommen hat, kann auch nichts gewonnen haben!!
  • Bezahlen Sie niemals vor der Gewinnübergabe die geforderte „Verwaltungs-oder Barbeitungsgebühr“!
  • Rufen Sie im Zusammenhang mit der vermeintlichen Gewinnübergabe keine gebührenpflichtige Sondernummer an, die z.B. mit 0900…, 0180…, 0137…, beginnt! Dabei können sehr hohe Gesprächskosten entstehen!
  • Machen Sie keine Zusagen am Telefon!
  • Geben Sie am Telefon keine persönlichen Daten, keine Adresse, keine Telefonnummer, keine
  • Kontodaten, keine Bank-/Kreditkartennummer oder ähnliches an!
  • Handeln Sie unverzüglich, wenn Sie Unregelmäßigkeiten auf Ihrem Konto feststellen!
  • Abbuchungen können Sie innerhalb einer bestimmten Frist problemlos widersprechen.

Dachdecker-/Handwerker-Trick

Ein oder mehrere Kriminelle erscheinen bei Ihnen und geben sich als Dachdecker ähnliches aus und
weisen Sie auf angebliche Schäden an Ihrem Dach hin, die dringend beseitigt werden müssen, damit
kein größerer Schaden entsteht. Sie geben auch vor, Sie hätten mit hohen Strafen zu rechnen oder
würden Ihren Versicherungsschutz verlieren, wenn Sie den Schaden nicht sofort beseitigen lassen.
Diese Trickvariante wird auch in ähnlicher Art und Weise mit anderen vorgegebenen handwerklichen
Gewerken angewandt, besonders häufig als Asphaltierkolonne.

Tipps:

  • Seien Sie misstrauisch, wenn Ihnen dringend zu behebende Schäden dargestellt werden!
  • Lassen Sie sich nicht unter Druck setzen!
  • Ziehen Sie sofort eine Vertrauensperson hinzu oder vereinbaren Sie einen späteren Termin, an dem dann Ihre Vertrauensperson anwesend ist!
  • Zahlen Sie nie bar! Seriöse Handwerker senden Ihnen eine Rechnung zu, die Sie per Überweisung bezahlen können!

Glas-Wasser-/Zettel-Trick

Kriminelle suchen Sie Zuhause auf und bitten Sie um ein Glas Wasser, um einen Zettel und einen Stift, um eine Nachricht für einen Nachbarn aufzuschreiben, der nicht da ist, Ihre Toilette benutzen zu dürfen oder Ähnliches. Markus Köpers warnt eindringlich: "In der Zeit, in der Sie versuchen, den Wunsch zu erfüllen und dadurch abgelenkt sind, durchsuchen der oder die Kriminellen Ihre Räume, nehmen Geld u. Wertsachen an sich und stecken sie ein.
Arbeiten die Kriminellen im Team, geht ein Krimineller hinter Ihnen in die Wohnung, lässt die Tür
angelehnt offenstehen, so dass sich ein weiterer Krimineller, von Ihnen unbemerkt, in Ihre Wohnung
schleichen kann. Während der eine Sie ablenkt, durchsucht der andere blitzschnell Ihre Räume und
bringt Sie um Ihr Geld und Ihre Wertsachen.

Tipps:

  • Öffnen Sie die Tür immer mit vorgelegter Türsperre! Haben Sie keine Türsperre, dann öffnen Sie nicht die Tür!
  • Lassen Sie keine Unbekannten in Ihre Wohnung! Sie sind nicht verpflichtet, jemanden in Ihre Wohnung zu lassen!
  • Fordern Sie bei Amtspersonen oder Mitarbeiter öffentlicher Betriebe den Dienst- oder
  • Werks-/Firmenausweis und prüfen Sie ihn kritisch!
  • Rufen Sie beim geringsten Zweifel bei der Behörde, dem Werk oder der Firma an, von der der Unbekannte angeblich entsandt wurde! Suchen Sie die Telefonnummer selbst heraus! Rufen Sie auf gar keinen Fall die Telefonnummer an, die der Unbekannte Ihnen nennt!
  • Wichtig: Lassen Sie den Unbekannten solange vor der Tür warten!
  • Wenn er „echt ist“, hat er dafür in der Regel Verständnis!

Taschendiebstahl

Taschendiebe arbeiten in der Regel in Kleingruppen, meistens zu dritt. Sie suchen das Gedränge,
treten besonders gerne bei Menschenansammlungen auf, z.B. beim Ein- und Aussteigen in
öffentliche Verkehrsmittel, in Kaufhäusern, Supermärkten oder Discountern, auf Rolltreppen, im
Fahrstuhl oder bei Großveranstaltungen.
Sie beobachten Ihre Opfer lange und genau. Haben sie ein Opfer ausgemacht, suchen sie seine
körperliche Nähe, rempeln es an, verwickeln es in ein fadenscheiniges Gespräch, bieten ihre
Hilfsbereitschaft an, beschmutzen seine Kleidung, decken seine mitgeführten Taschen als Sichtsperre mit einer Landkarte, einem Tuch oder sonstigen größeren Gegenständen ab. Der erste Kriminelle lenkt Sie ab, der Zweite stiehlt die Beute und gibt sie an den Dritten weiter, der damit verschwindet. Sie bemerken den Taschendiebstahl in der Regel nicht.

Tipps:

  • Lassen Sie alles, was Sie aktuell nicht unbedingt benötigen, zu Hause!
  • Führen Sie nur das Notwendigste an Bargeld und Zahlungskarten am Körper verteilt mit, möglichst in Gürteltaschen oder Brustbeuteln!
  • Tragen Sie Hand- oder Umhängetaschen immer mit der Verschlussseite zum Körper!
  • Halten Sie Ihre Handtasche stets geschlossen und lassen Sie diese nie unbeaufsichtigt (z.B. Einkaufswagen im Supermarkt oder Einkaufskorb auf dem Gepäckträger des Fahrrades)!
  • Wenn Sie Opfer eines Taschendiebstahls geworden sind, lassen Sie sofortsämtliche in Verlust geratenen Zahlungskarten sperren! Sperr-Notruf: 116 116
  • Melden Sie den Vorfall direkt Ihrer Polizei über 110. Die Polizei kann Ihre Debitkarte zeitnah für das elektronische Lastschriftverfahren (für das nur eine Unterschrift und keine PIN-Nummer benötigt wird) sperren lassen!

Kaffeefahrten

Wenn Sie gerne unterwegs und unter Menschen sein wollen, freuen Sie sich vielleicht über das
günstige Angebot im Briefkasten: Busreise, Essen, Kaffee, Kuchen, Unterhaltung und Geschenke -
alles für ein paar Euro.
Doch mit billigen Ausflügen haben solche Einladungen nichts zu tun. Bei der „Möglichkeit zur
Teilnahme an einer Werbeveranstaltung“ geht es nur ums Geschäft und damit um Ihr Geld. Präsentiert werden Wärmedecken, Kochtöpfe, Badezusätze, Nahrungsergänzungsmittel, Trinkkuren oder Ähnliches.
Diese „Angebote“ sind nach polizeilicher Erfahrung häufig minderwertiger und meist teurer als im
Fachhandel. Dennoch gehen viele Teilnehmende an Kaffeefahrten finanzielle Verpflichtungen ein, die teilweise sogar ihr monatliches Einkommen überschreiten.
Schutz vor unüberlegten Käufen bietet Ihnen das „Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften“. Innerhalb
von 14 Tagen können Kaufverträge, die auf Kaffeefahrten oder vergleichbaren Veranstaltungen
abgeschlossen wurden, widerrufen werden - dies geschieht am sichersten per Einschreiben mit Rückschein.

Tipps:

  • Zur Fristwahrung ist das Absendedatum entscheidend. Unseriöse Vertreter versuchen, diese Regelung zu unterlaufen, indem sie Bestellungen ohne Datumsangabe schreiben, sie rückdatieren oder das Unternehmen unleserlich oder erst gar nicht angeben. Das kann Ihre Verbraucherrechte gefährden!
  • Achten Sie stets auf das Datum und die Belehrung über das Rücktrittsrecht. Noch sicherer: Unterschreiben oder kaufen Sie bei einem „Ausflug mit Möglichkeit zur Teilnahme an einer Werbeveranstaltung“ erst gar nichts! Wenn Sie es doch getan haben, tragen Sie das Datum selber ein.
  • Fehlt der Hinweis auf das Widerrufsrecht von 14 Tagen, gilt ein mindestens sechsmonatiges Rücktrittsrecht. Ein Rücktritt vom Vertrag innerhalb dieser Fristen muss nicht begründet werden.
  • Das deutsche Widerrufsrecht gilt auch für Kaffeefahrten ins Ausland, wenn in Deutschland dafür geworben wurde und Busfahrt, Veranstaltung und Verkauf von einem deutschen Unternehmen durchgeführt wurden.
  • Schwarze Liste unseriöser Anbieter: www.vzhh.de (Hilfe für Kriminalitätsopfer)
  • Opfer einer Straftat kann jeder werden. Was dann zählt, sind menschlicher Beistand und praktische Hilfe.
  • Jede Straftat, auch das oft verharmloste Eigentumsdelikt, bedeutet für Opfer und Angehörige meist einen schweren Eingriff in die persönlichen Lebensumstände.

Hauptkommissar Markus Köper betont: "Kriminalitätsopfer finden bei dem Opferschutz der Kreispolizeibehörde Wesel in vielfältiger Weise bedarfsgerechte Unterstützung. Die Opferschützer verstehen sich als Gesprächspartner für alle, die als Opfer einer Straftat unverschuldet in Not geraten sind."W

Autor:

Dirk Bohlen aus Hamminkeln

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