Griechenland: Zurück am Kapitalmarkt - Der Laie staunt - Der Fachmann wundert sich - Merkels potemkinsche Dörfer

Foto: gemeinfrei
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Wenige Wochen vor den Europawahlen konnte Griechenland erstmalig seit 2010 wieder eine fünfjährige Staatsanleihe mit einem Volumen von rund drei Milliarden Euro am Kapitalmarkt plazieren. Offensichtlich soll dem Wahlvolk suggeriert werden, dass alles wieder in Ordnung ist. Die Mainstream-Medien sekundieren mit Schlagzeilen wie "Zuversicht in Athen", "Potentieller Wendepunkt" oder "Griechenland rechnet 2014 mit Aufschwung". Selbst die Proteste gegen Merkels Besuch seien viel verhaltener als im Oktober 2012. Dabei hat die Polizei Demonstrationen im Regierungsviertel schlicht und einfach verboten.

Die neue Anleihe konnte plaziert werden, obwohl Griechenland heute einen rund 50 Prozent höheren Schuldenstand hat als 2010. Man feiert die Ausweitung der Schuldenlast. Widersinnig ist auch die gelunge Kapitalaufnahme zu knapp 5 Prozent, da die Mittel aus dem ESM die Griechen nur 1,5 Prozent gekostet haben. Ohne Not werden hier also rund 100 Millionen Euro pro Jahr mehr für Zinsen ausgegeben, die natürlich wieder mittels Sozialkürzungen aus den Griechen rausgepresst werden müssen. Weitere Kürzungen der Löhne und Renten sowie der medizinischen Versorgung sind vorprogrammiert.

Nutznießer sind wieder die Hedge-Fonds

Nutznießer sind natürlich wieder mal die Hedge-Fonds in denen die weltweit wirklich Reichen ihr Geld investiert haben. Diese saugen sich nun mit 5 Prozent Zinsen voll und haben die Sicherheit, dass im Zweifel der Steuerzahler die Zeche zahlt. Sonst hätten sie Griechenland nicht auch nur einen Cent geliehen. Ein typischer Fall von leistungslosen Einkommen. Die Couponschneider sind am Werke. Fragen Sie mal bei Ihrer Bank nach 5 Prozent Rendite mit staatlicher Sicherheit.

22 Prozent der Deutschen sehen laut ZDF-Politbarometer die Eurokrise sogar als erledigt an. 51 Prozent gehen davon aus, dass die Wirtschaftskrise in Griechenland keine Gefahr mehr für die Stabilität des Euro ist. 45 Prozent sehen die Stabilität aber weiter bedroht.

Merkels potemkinsche Dörfer

Bundeskanzlerin Merkel macht derweil eifrig Europawahlkampf und nutzt das kaputtgesparte Griechenland dafür als Kulisse. Dass die OECD vor kurzem feststellte, dass im EU-Land Griechenland mehr Menschen Geld für Lebensmittel fehlt als in China oder Brasilien wird natürlich nicht gemeldet. Das inzwischen mitten in Europa Säuglinge aufgrund unzureichender Ernährung und zusammengebrochener medizinischer Infrastruktur sterben, wird ebenso ausgeblendet. Landesweite wurde vor kurzem die gesamte medizinische Erstversorgung durch die Schließung der Polikliniken platt gemacht. Einen interessanten Lokalkompassbericht dazu finden Sie hier.

"Statt sich für Propagandaaufnahmen mit Jungunternehmern oder der griechischen Troika-Kollaborationsregierung ablichten zu lassen, sollte sich die Kanzlerin lieber um die von ihr verursachte soziale Katastrophe in Griechenland kümmern und erklären, warum mit den Hilfskrediten in dreistelliger Milliardenhöhe die Banken gerettet wurden.", analysiert Sahra Wagenknecht (DIE LINKE) die derzeitige Lage.

Der Schaden und die Haftungspflicht für die Steuerzahler in ganz Europa sollte besser begrenzt werden, indem die verbliebenen privaten Forderungen – größtenteils von Banken und Hedgefonds - nicht mehr bedient werden. Die Sozialkürzungen müssen zurückgenommen und eine europaweite Vermögensabgabe zur Senkung der europäischen Staatsschulden eingeführt werden.

Europaweite Vermögensabgabe gefordert

"Wir wollen die Weichen in Richtung eines solidarischen, sozialen, demokratischen und ökologischen Europas stellen. Eine Grundvoraussetzung dafür ist ein Abbau der drastischen Ungleichheit in der Gesellschaft. Wir fordern daher viele Maßnahmen der Umverteilung von oben nach unten. In den Mittelpunkt stellen wir die Forderung nach einer einmaligen, europaweit koordinierten Vermögensabgabe. Mit dieser Abgabe ließen sich ein gerechter Weg aus der Krise ebnen und die Umverteilung der letzten Jahre von unten nach oben ein Stück weit zurückdrehen. Für ein solidarisches Europa kann die Abgabe natürlich nur ein Anfang sein. Darüber hinaus braucht es permanent wirkende Umverteilungsmechanismen.", so die Globalisierungskritiker von attac auf ihrer Homepage.

Autor:

Carsten Klink aus Dortmund-Ost

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