Serie
Altenessen neu denken - Teil 5

Heimat – ein Begriff, den die einen mit Liebe und Verbundenheit, die anderen mit Fremdenfeindlichkeit in Verbindung bringen. Ohne jemals ihre Heimat verlassen zu haben, wurde für viele Altenessener schleichend ein immer größer werdender Heimatverlust sicht- und spürbar. Eine gestörte Beziehung zwischen Mensch und Raum wuchs.

Wenn sich in Gesprächen Erinnerungen zu Wort melden, tritt es ans Licht: Infrastrukturell hat sich in Altenessen vieles zum Negativen verändert und das transgenerationelle Gedächtnis wird nur wenig gehegt und gepflegt.

Nehmen wir das Beispiel des „Alten Schweinemarktes“. Wie heuchlerisch und bigott erscheint es, dass dort, wo einst Europas größter Ferkelmarkt war, noch immer keine große „Markierung des geschichtsträchtigen Ortes“ zu finden ist, während man am selbigen Ort den Verkauf von zum Teil billigst produzierten Fleisch- und Wurstwaren toleriert. Über den Verzehr von Fleisch und Wurst lässt sich trefflich streiten, über die Geschichte jedoch nicht. Die Schwäche und das fehlende Engagement von Politikern, ihr fehlender Mut zum Kampf und zu lautem Engagement für eine Sache wird hier sichtbar.

Gänsemarkt, Pferdemarkt, Flachsmarkt, Webermarkt, … all das gehört zum Gedächtnis unserer Stadt, warum nicht längst der „Schweinemarkt“? Das ignorante Umgehen mit dieser Altenessener Geschichte ist beispielhaft und Grund für die vielerorts hörbare nachhaltige Empörung über zahlreiche als ungerecht empfundene Verluste. Statt bürgerfreundlicher Stadtteilentwicklungen wurden zu viele Wunden in das stadtteilverbundene Herz geschlagen.

Die erschreckend lange Liste der Verluste

Es sind nicht irgendwelche naiven Nostalgiker, die die fehlende Identität mit dem Stadtteil beklagen, sondern Menschen, die klar und deutlich die verheerenden Folgen der Verluste benennen können. Der Wegfall von Fußball- und Bolzplätzen, Kinos, Kneipen, Kegelbahnen, Karnevalsumzügen, klassisch deutsch geprägtem Einzelhandel in den Quartieren, Kirchen, Restaurants, Minigolfplatz, Freibad, etc. führte zu einer gefährlichen Verknappung der Orte des sozialen Miteinanders. Der unvermeidliche Rückzug in „die eigenen vier Wände“ oder in andere Stadtteile spaltete still die Bürgerschaft und öffnete Tür und Tor für Parallelgesellschaften jeglicher Art. Lesen sie bitte nochmal langsam die Liste der weg gefallenen Orte durch und spüren sie nach.

Es gibt keine einfache Formel, weder für den Begriff Heimat, noch für den Ausweg aus dem weitreichenden Identitätsverlust vieler Altenessener mit ihrem Stadtteil. Es gibt aber eine Wahl, bei der wir alle in diesem Jahr mal ganz genau hinschauen können, welcher Politiker sich als Weichei oder als Kämpfer für ein wohn- und lebenswertes Altenessen präsentiert. Ein Altenessen, in dem der Altenessener und sein Identitätsverlust zum Thema wird. Ein Altenessen, in dem der Altenessener endlich mal wieder Schwein hat.

Autor:

Susanne Demmer aus Essen-Nord

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