Im Mülheimer Rat ging es um Aldi Süd, offene Ganztagsschule und Flüchtlingsunterbringung
250.000 Euro soll bei der OGS für neue Gruppen eingespart werden

Dezernent Marc Buchholz drängte auf einen Beschluss zur Schaffung weiterer OGS-Betreuungsplätze. 
Foto: PR_Foto-Köhring/SM
  • Dezernent Marc Buchholz drängte auf einen Beschluss zur Schaffung weiterer OGS-Betreuungsplätze.
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Bei der Sitzung des Mülheimer Stadtrates kam es zu höchst kontroversen Diskussionen über die Offene Ganztagsschule und die Unterbringung von Flüchtlingen.

Zunächst fragte aber Lutz Zimmermann vom Bündnis für Bildung nach. Er bezog sich auf die bekanntgewordene Freistellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Logistiksparte von Aldi Süd am Standort Mülheim: „Hat die Stadt von den Plänen vorher gewusst? Warum wurden wir dann nicht informiert?“ Oberbürgermeister Ulrich Scholten hatte nämlich angegeben, wie schon in der Vergangenheit habe ihn die Firmenleitung von dieser unternehmerischen Entscheidung vorab informiert. Das wurde von Scholten nun präzisiert: „Wir haben keine Kenntnis davon gehabt. Es ist nicht kommuniziert worden. Man hat uns erst am gleichen Tag vorab informiert über die feststehenden Pläne. Wichtig war für mich bei dem Gespräch mit dem Geschäftsführer, dass Aldi im Konzern nach Ersatzarbeitsplätzen suchen wird, um möglichst niemanden ins Bergfreie fallen zu lassen.“

Betreuungsplätze

Engagiert die Diskussion um die Offene Ganztagsschule. Die Verwaltung möchte ab dem Schuljahr 2020/2021 für die von Trägern wie Caritas, Diakonischem Werk und Stöpsel e. V. geführte 80 Gruppen die Zuschüsse um insgesamt 200.000 Euro pro Schuljahr kürzen. Bei den 20 städtischen Gruppen sollen jährlich 50.000 Euro eingespart werden. Die Finanzierung von neuen Plätzen für bisher 122 unversorgte Kinder solle dann aus diesen 250.000 Euro gedeckt werden. Maßnahmen zur Kostenoptimierung in der OGS sollen erarbeitet werden. Die Grünen hatten einen ergänzenden Antrag gestellt. Die Verwaltung solle mit den Trägern sowie den entsprechenden Vertretern der Ratsfraktionen einen Runden Tisch „Kostenoptimierung in der OGS“ einrichten. Dessen Ziel sei eine deutliche Verbesserung der Betreuungsquote bei Beibehaltung der derzeitigen Qualität. Dafür solle die Verwaltung einen Bericht über die Personalsituation der OGS erarbeiten.

Qualitätseinbußen

Jan Vogelsang betonte, die SPD stehe zum hohen Qualitätsstandard der OGS in Mülheim. Schuldezernent Marc Buchholz drängte auf eine Entscheidung: „Die Mittel zur Umschichtung müssen frei gegeben werden. Der Bedarf in Mülheim ist höher, als zurzeit angeboten werden kann. Wir wollen mehr OGS-Plätze anbieten können, ohne mehr Geld in die Hand zu nehmen. Daher muss umgeschichtet werden.“ Den Eltern, die jetzt schon einen Betreuungsplatz haben, rief Buchholz zu: „Da soll zeitlich nichts geändert werden. Inwieweit sich die Qualität der Betreuenden ändert, wird sich zeigen.“ Johannes Terkatz beharrte darauf, dass es sehr wohl Einschränkungen bedeute. Frank Blum hielt für den BAMH fest, natürlich stehe man zur hohen Qualität der OGS. Aufgrund der Haushaltssituation sehe er keine Alternative, forderte aber auch: „Herr Buchholz soll hier Transparenz bieten.“ CDU-Mann Heiko Hendriks verschärfte den Ton: „Wie sind landauf, landab in der Finanzierung der OGS die Teuersten. Da kann man im bestehenden System Gelder umschichten, um mehr Kindern Betreuungsplätze zu ermöglichen. Die Umschichtung ist doch mit den Trägern abgesprochen. Wir werden keine zusätzlichen Mittel bekommen.“ Johannes Terkatz hielt dagegen: „Der Angebotsumfang wird weiter reduziert. Sie wollen das System vergrößern zum gleichen Geld.“ Dieter Spliethoff ergänzte mit einem Blick in die Praxis: „Jetzt schon sitzen zu viele Kinder in zu kleinen Räumen. Wir haben überhaupt nicht die räumlichen Kapazitäten.“ Dezernent Buchholz betonte abermals, durch die Umschichtung von 250.000 Euro könne die Stadt eine Vielzahl von Kindern unterbringen, die zurzeit noch auf einer Warteliste stünden.

Zahlen und Fakten

Da standen sich also zwei etwa gleichstarke Lager gegenüber. Während die einen mehr Plätze schaffen wollten, sahen die anderen drohende Qualitätseinbußen als nicht zu akzeptierende Folge. Einigkeit sieht anders aus. Daher unterbreitete Norbert Mölders einen Kompromissvorschlag. Der Vorsitzende des Bildungsausschusses: „Wir alle wollen doch möglichst vielen Kindern eine möglichst gute OGS anbieten. Aber wir haben doch noch gar keine genauen Zahlen. Wir haben keine Not, heute abzustimmen. Im Februar werden wir Zahlen und Fakten haben für einen Runden Tisch.“ Das trieb Marc Buchholz auf die Palme: „Wir schieben, schieben, schieben. Wir verunsichern zunehmend die Eltern, weil wir keine Fakten schaffen. Wir müssen doch Perspektiven bieten. Ohne Ressourcen passiert nix!“ Die Abstimmung untermauerte die Zerrissenheit des Stadtrates bei diesem Thema. Mit 27 Stimmen von BAMH, Bündnis für Bildung, CDU und Grünen bei 25 Gegenstimmen von FDP, MBI, SPD und dem Fraktionslosen Cevat Bicici wurden der Antrag der Grünen sowie die Verwaltungsvorlage angenommen.

Flüchtlingsunterbringung

Ein weiteres brennendes Thema wurde ebenfalls kontrovers diskutiert. Die CDU-Fraktion legte einen Antrag vor, der klare Aussagen zur „Zeitschiene“ für den Abbau von Standorten für die Flüchtlingsunterbringung fordert. Damit solle die für die Öffentlichkeit nötige Transparenz sichergestellt werden. Zu dem damit verbundenen Abbau und der Verlagerung der Holzhäuser an Mintarder Straße und Klöttschen solle die Verwaltung einen separaten Vorschlag vorlegen. Die möchte da aber vorsichtiger sein. Sozialdezernent Marc Buchholz betonte, die nicht einschätzbare weltpolitische Lage könne sich quasi täglich ändern. Das lasse nun mal keine konkrete Planung zu. Prognosen seien einfach nicht möglich. Dennoch wage die Verwaltung eine Einschätzung: „Die Zahl der Geflüchteten steigt eher an, als sie sinkt.“ Die vorhandenen Kapazitäten reichten aus, vom jetzigen Zeitpunkt aus betrachtet könne aber in den kommenden zwei Jahren ohne jeweilige Alternative kein weiterer Standort zur Disposition gestellt werden.

Was kostet der Spaß?

Claus Schindler stellte klar: „Die Kapazitäten sind da. Wenn wir solch einen Beschluss fassen, geraten wir eventuell ins Hintertreffen. Und was ist mit den Kosten?“ Kämmerer Frank Mendack betonte, dass noch viele Fragen offen seien: „Wie viel kostet der Abbau? Was machen wir mit den Häusern? Wie hoch ist ihr Marktwert?“ Immerhin konnten bei aktuellen Bauprojekten an Willy-Brandt-Schule sowie Gustav-Heinemann-Schule einige der vorhandenen Holzbauelemente verwendet werden, was deutliche Einspareffekte für den Haushalt habe. Martin Fritz hielt fest: „Die Holzhäuser sind ein Problem. Wie lange sollen sie da noch stehen? Die gehören nicht nach Mülheim. Wir brauchen klare Transparenz, was der Spaß kostet. Es muss die günstigste Lösung gefunden werden.“ Daher beantrage seine BAMH-Fraktion, die Verwaltung solle eine Modellrechnung über einen Zeitraum von zehn Jahren vorlegen als Grundlage für eine Entscheidung über die wirtschaftlich sinnvollste Verwendung der Bauten. Der CDU-Antrag wurde nicht angenommen, dem BAMH-Antrag wurde zugestimmt.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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