Öffentliche Fraktionssitzung der FDP zum Thema ÖPNV in Mülheim mit Peter Vermeulen und TramVia
Den ÖPNV attraktiver gestalten

Die FPD Ratsfraktion mit Joachim vom Berg, Peter Beitz und Markus Schulz hatte TramVia-Sprecher Thomas Kirchner (2.v.r.) eingeladen. 
Foto: Henschke
  • Die FPD Ratsfraktion mit Joachim vom Berg, Peter Beitz und Markus Schulz hatte TramVia-Sprecher Thomas Kirchner (2.v.r.) eingeladen.
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Im Sommer lädt die Mülheimer FDP-Ratsfraktion traditionell zur öffentlichen Sitzung. Diesmal hatten Peter Beitz und seine Mitstreiter sich das Thema der letzten Wochen und Monate vorgeknöpft. Einsparungen im Öffentlichen Personennahverkehr in Höhe von sieben Millionen Euro jährlich werden eingefordert.

Die Verwaltung hatte ein Konzept unter dem hoffungsfrohen Namen „Netz23“ vorgelegt und nach heftigem Gegenwind aus Bevölkerung und Politik wieder einkassiert. Das kommentierte FDP-Fraktionsvorsitzender Beitz so: „Ein sehr scharfes Papier, was große Resonanz gefunden hat. SPD und CDU haben sich sofort im Kleinklein gekriegt und die Verwaltung musste zurückziehen. Doch der Kämmerer verlangt sieben Millionen bis 2022. Also, was tun?“ Wer könnte da besser informieren als der zuständige Dezernent? Peter Vermeulen kam frisch aus dem Urlaub, braungebrannt, aber rückenkrank. Von daher hielt er seinen Vortrag im Sitzen. Doch was er zu sagen, ließ aufhorchen: „Die Ruhrbahn genießt in Mülheim nicht viel Vertrauen. Da muss die Ruhrbahn ganz viel Vertrauen wieder aufbauen, das sie in den letzten Jahren verloren hat.“

ÖPNV der Zukunft?

Das Phänomen leerer Fahrzeuge einerseits und völlig überfüllter andererseits lasse sich jeden Tag beobachten: „Vom ÖPNV der Zukunft ist Mülheim weit entfernt.“ Der Kämmerer sage aber nicht zu Unrecht: „Das ist der teuerste Laden, den wir haben. Das müssen wir Geld rausholen.“ Man könne bei Grund- und Gewerbesteuer nicht weiter erhöhen. Da sei es völlig legitim, beim Nahverkehr zu sparen: „Aber eben nicht beim Fahrgastaufkommen. Ich will den ÖPNV nicht kaputtsparen.“ Im ersten Sparpaket wären das schon sechs Millionen Euro bei der Verwaltung gewesen. Nun im zweiten Sparpaket seien Einsparungen in Höhe von sieben Millionen aus dem Nahverkehr zu generieren: „Statt bisher 30 Millionen Euro Defizit zukünftig nur noch 23 Millionen jährlich. Was die Verkehrsleistung minimiert. Aber wenn wir Leistungen streichen, verlieren wir Fahrgastaufkommen. Da ist aber nicht die Frage unserer Zeit.“ Der Ansatz fürs Netz23 sei gewesen, die Haupttrassen mit mehr Leistung auszustatten und dafür Nebenstrecken auszudünnen. Diesen zweiten Punkt habe die Ruhrbahn schon betrieben in den letzten Jahren. In Mülheim koste der ÖPNV aber immer noch doppelt oder gar dreimal so viel wie in vergleichbaren Städten. Das liege sicherlich auch an topografischen Gegebenheiten, der zu unterquerenden Ruhr und den drei parallelen Schienensystemen bei U-Bahn, Linie 901 und Straßenbahn: „Hagen hat zum Beispiel seine Straßenbahn abgeschafft.“ Nur noch einige Abschnitte der Mülheimer Straßenbahn seien im jetzigen Zustand noch „bahnwürdig“, da zumeist die Kilometerkosten deutlich über denen der Busse lägen: „Netz23 war im Grunde der Versuch, das Busnetz neu zu ordnen. Straßenbahn sollte das Grundnetz bilden, das schnell in die Innenstadt führt.“ Die Flexibilität des ÖPNV zu steigern heiße: „Verstärkung der Takte in der Hauptverkehrszeit und Anpassung der Takte in Schwach- und Nebenverkehrszeit.“ Doch die Politik habe dem Papier keine Chance gegeben: „Netz23 hatte zu viele Angriffspunkte.

Eine Ringsbuslinie für Mülheim

Aber die FDP wollte nicht nur die Version der Verwaltung erfahren, sondern auch Stimmen aus dem Volk hören. Um das Bild abzurunden, wurde die Bürgerinitiative TramVia eingeladen, ihr Konzept eines modernen ÖPNV für Mülheim zu erläutern. BI-Sprecher Thomas Kirchner referierte über den Grundgedanken der TramVia: „Wir sagen, dass wir ein Schienenverkehrssystem haben, das sehr komfortabel ist und den Autowahn seit den 1960ern überstanden hat. Auch zeichnet sich eine Zeitenwende ab, wo Straßenbahn wieder flott gemacht wird. Da wäre eine Metrobuslinie ein fataler Fehler. Auch die Streichung von Haltestellen der Straßenbahn wäre grundverkehrt.“ Um das Einsparungsziel von sieben Millionen Euro zu kalkulieren, fehlten aber öffentlich zugängliche Zahlen von der Ruhrbahn. TramVia hat sich dennoch Gedanken gemacht: „Wir möchten die Straßenbahnlinien behalten.“ Man habe erkannt, dass das Mülheimer Straßennetz sehr gut geeignet sei für eine „außenherum“ führende Ringbuslinie, die in beide Richtungen laufe. Eine Umrundung dauere etwa 70 Minuten, also sei innerhalb von maximal 35 Minuten jede Haltestelle erreichbar. Auf dieser Buslinie solle es überall Umsteigemöglichkeiten zur Straßenbahn geben, die dann in die Stadt reinführen. Dafür solle in Mülheim ein Einheitstakt von 15 Minuten für Straßenbahn und Bus gelten. Das vereinfache enorm und niemand müsse mehr Fahrpläne auswendig lernen. Zusätzliche Buslinien würden nur dort gebraucht, wo „weiße Flecken“ zu füllen sein.

Einschnitte muss es geben

Peter Beitz zeigte sich entschlossen: „Normalerweise müssten wir die Stadt neu denken. Doch die Schienen liegen nun mal. Ich halte es für wesentlich, dass wir diese Ringlinie eingebaut bekommen. Es muss uns gelingen, das System zu verschlanken.“ Peter Vermeulen betonte, er werde von der Ruhrbahn verlangen, differenzierte Zahlen transparent und öffentlich zu machen. Der Sparbeschluss sei in den Köpfen angekommen: „Einschnitte muss es geben. Wir sind jetzt zwar immer nicht weiter als vor 15 Jahren. Aber jetzt wissen alle Bescheid um die finanziellen Zwänge. Wir kommen nicht zum Ende, wenn wir keine politische Beschlusslage bekommen.“ Also müsse eine neue Ratsvorlage her. Da seien alle Mülheimer gefragt: „Ich glaube, dass wir einen attraktiven ÖPNV hinbekommen“. Man müsse davon profitieren, dass möglichst viele Mülheimer ihre Erfahrungen einbrächten: „Aber jedem rechtmachen werden wir es dann doch nicht.“ Der Prozess werde seine Zeit benötigen: „Ob wir das im nächsten Jahr hinbekommen?“ Da fehlt Vermeulen der rechte Glaube, denn vor einer Kommunalwahl werde die Politik so ein heißes Eisen wohl nicht anfassen.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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