Tag der Seelsorge in der Marktkirche
"Komm her und setz dich zu mir"

Beim Tag der Seelsorge in der Marktkirche informierten verschiedene Seelsorge-Dienste der Evangelischen Kirche in Essen über ihre Angebote. Auch die "Seelsorge-Bank" der Citykirchenarbeit kam zum Einsatz. | Foto: Kirchenkreis Essen/Gabriele Braß
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  • Beim Tag der Seelsorge in der Marktkirche informierten verschiedene Seelsorge-Dienste der Evangelischen Kirche in Essen über ihre Angebote. Auch die "Seelsorge-Bank" der Citykirchenarbeit kam zum Einsatz.
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"Was meiner Seele gut tut. Seelsorge – gefragter denn je!“ lautete das Motto für den Tag der Seelsorge, den die Evangelische Kirche und Diakonie in Essen am 25. März in und an der Marktkirche veranstalteten. Ein Bericht von Gabriele Braß.

Mein letzter Kirchenbesuch ist schon eine Weile her und er fand genau an diesem Ort statt: der Marktkirche im Herzen Essens. Im Rahmen des Essen Light Festivals hatte sie ihre Pforten zu Discobeleuchtung und passenden Dance-Rhythmen geöffnet. Mutig, wie ich damals befand. Auch dieses Mal fasziniert mich, wie Kirche es mit neuen Ideen und Konzepten schafft, kirchenferne Menschen wie mich zu überraschen und anzusprechen.

Jeder und jedem stehen diese Angebote offen

Nicht zuletzt durch charismatische Initiatoren wie Pfarrer Diesterheft-Brehme, der mit seinen engagierten und durchweg sympathischen Mitstreitern diesen Tag der Seelsorge organisiert hat und nun vor Ort mit Leben füllt. Den Auftakt bildet seine Rede vor dem Eingang der Marktkirche, bei der ich zwar - wie alle Zuhörer hier - im Regen stehe, aber schnell wird klar, genau hier wird niemand im Regen stehengelassen.

Mehr erfahre ich im Inneren der Kirche. Der Tag der Seelsorge informiert über die Arbeit der hochmotivierten ehrenamtlichen Seelsorgenden der Stadt Essen. Diese besteht aus weit mehr als der Telefonseelsorge, die rund um die Uhr erreichbar ist. Vielmehr kümmern sich die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Einrichtungen der Behindertenhilfe, Altenheimen, Krankenhäusern und Kirchengemeinden um die Sorgen und Ängste der Menschen.

Jeder und jedem stehen diese Angebote offen. Das finde ich großartig. Großartig sind in meinen Augen vor allem die vielen freiwilligen Helfer, die dieses Angebot erst möglich machen. Vor ihrem unermüdlichen Einsatz habe ich großen Respekt und empfinde tiefe Dankbarkeit. Gleichzeitig macht es mich zuversichtlich: Solange sich Menschen für andere aus purer Nächstenliebe einsetzen, solange glaube ich an das Gute auf der Welt.

Der Wunsch, Sinnvolles zu tun

Der Wunsch, Sinnvolles zu tun und der Gemeinschaft etwas zurückzugeben, ist für die seelsorgerisch Tätigen Grund, sich einzubringen. Dafür haben sie sich in einem ersten Schritt dem zweistündigen Gespräch mit Pfarrer Diesterheft-Brehme gestellt. Ein standardisierter Fragenkatalog hilft bei der Einschätzung, ob das angestrebte Ziel zu den Einstellungen, der Haltung und zu der eigenen Lebenssituation passt. Diejenigen, die sich nach dieser Begegnung bestätigt fühlen, ihren Weg fortzusetzen, können den Ausbildungsvertrag für den kostenlosen Kurs "Lebensspuren begleiten" unterschreiben. Start des nächsten Kursus ist November dieses Jahres.

Diese qualifizierte Aus- und Fortbildung umfasst ein wirklich volles Programm. In 150 Stunden über einen Zeitraum von gut zwölf Monaten vermitteln Pfarrer Diesterheft-Brehme, Trauerbegleiter (BVT) und Spiel- und Theaterpädagoge sowie weitere Dozentinnen und Dozenten den Teilnehmenden umfangreiches Wissen nach den Richtlinien der Evangelischen Kirche im Rheinland. Die einzelnen Module behandeln neben ethischen auch spirituelle Fragestellungen.

Einen besonderen Stellenwert nimmt das aktive Zuhören und die der jeweiligen Situation angemessene Art und Weise der Kommunikation ein. Es wird u.a. mit klassischen Methoden aus der klinischen Seelsorgeausbildung (KSA) sowie mit kreativen Elementen aus Kunst und Spielpädagogik gearbeitet. 30 Praktikumsstunden müssen absolviert sein, bevor die Teilnehmenden den Kurs mit einem Zertifikat beschließen und ihrem ersten Einsatz entgegenfiebern.

Nehmen Sie doch Platz!

Was genau bewegt jemanden, viel Kraft und Zeit in die Ausbildung zu investieren, um sich danach fremden Menschen zuzuwenden? Um das herauszufinden, nehme ich gerne Juttas Einladung: "Nehmen Sie doch Platz", an. Auf diesen zwei komfortabel gepolsterten, weiß lackierten und übers Eck verschraubten Kirchenbänken lässt man sich gerne nieder, besonders, wenn einen zwei strahlende Augen so herzlich willkommen heißen.

Mit dieser Sitz- und Verweilgelegenheit hat das Team um Pfarrer Diesterheft-Brehme und Jan Vicari, Pfarrer der Marktkirche, eine weitere tolle Idee verwirklicht, den Menschen entgegenzugehen. Genaugenommen entgegenzurollen, denn für den schnellen Transport wurden das Bankenensemble mit Rollen versehen. So rollt es bei gutem Wetter und zu verschiedenen Zeiten vor die Marktkirche – feste Termine gibt es nicht. Dort steht es nicht einfach herum und bietet vorbeieilenden Passanten eine Verschnaufpause bei Kaffee oder Wasser und Keksen - das schließlich gibt es auch im Café gegenüber -, sondern wahrhaft Hilfreiches: ein offenes Ohr.

Für die kleinen und großen Baustellen des Lebens

Mir gehört jetzt Juttas Aufmerksamkeit, und das ganz exklusiv. Tatsächlich bin ich spontan versucht, mich ihr mit meinen kleinen und großen Baustellen in meinem Leben - die haben wir wohl alle - anzuvertrauen, doch bin ich hier, um mehr über die Hintergründe des Seelsorgetages zu erfahren. Mit großer Begeisterung erzählt mir Jutta von ihrer Arbeit als Seelsorgerin und was diese für sie selbst und für ihr Leben bedeutet. Aus dem Kurs "Lebensspuren begleiten" hat sie wertvolles Wissen für ihre praktische Arbeit mitgenommen und darüber hinaus einiges über sich selbst gelernt, nicht zuletzt in den begleitenden Kleingruppensupervisionen.

Ich hatte mich schon gefragt, wie Seelsorgerinnen und Seelsorger damit umgehen, wenn sie mit besonders harten Schicksalen konfrontiert werden. Hierfür gibt es nach dem Vorbild der psychotherapeutischen Ausbildung, die Möglichkeit, anonymisierte Gesprächsprotokolle aus der eigenen Seelsorgepraxis in der Supervisionsrunde zu besprechen.

Aus einer geplanten Stippvisite sind eineinhalb Stunden geworden, weil ich etwas Kostbares erfahren habe: Zuwendung ohne Gegenleistung und ich mich deshalb im Kreise der seelsorgerisch Tätigen gut aufgehoben gefühlt habe. Leichten Schrittes verlasse ich die Marktkirche in dem sicheren Bewusstsein, dass ich Beistand bekomme, wenn ich ihn brauche.

Kontakt

Interessierte an der Ausbildung können sich bei Pfarrer Diesterheft-Brehme, mobil: 01796124353, bei Michael Druen, mobil: 0176 588 847 02, oder online unter https://engagiere-dich.de/lebensspuren/ informieren.

Text und Fotos: Gabriele Braß

Beim Tag der Seelsorge in der Marktkirche informierten verschiedene Seelsorge-Dienste der Evangelischen Kirche in Essen über ihre Angebote. Auch die "Seelsorge-Bank" der Citykirchenarbeit kam zum Einsatz. | Foto: Kirchenkreis Essen/Gabriele Braß
Über die Ausbildung für Ehrenamtliche in Seelsorge informierte Pfarrer Wilfried Diesterheft-Brehme gemeinsam mit Absolventinnen und Absolventen seines Kurses "Lebensspuren begleiten". | Foto: Kirchenkreis Essen/Gabriele Braß
Autor:

Stefan Koppelmann aus Essen

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