Die Hospizbewegung Duisburg-Hamborn blickt jetzt auf 30 Jahre Dienst am Menschen zurück
Von Pionierarbeitern zu Netzwerkern der großen Hilfe

Sie haben die Zukunft fest im Visier. Die Hauptamtlichen der Hospizbewegung Hamborn, Anita Scholten (l.), Helga Jochem-Balshülsemann und Geschäftsführerin Andrea Braun-Falco (vorne) blicken dankbar auf das, was vor 30 Jahren auf den Weg gebracht wurde. | Foto: Hospizbewegung
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  • Sie haben die Zukunft fest im Visier. Die Hauptamtlichen der Hospizbewegung Hamborn, Anita Scholten (l.), Helga Jochem-Balshülsemann und Geschäftsführerin Andrea Braun-Falco (vorne) blicken dankbar auf das, was vor 30 Jahren auf den Weg gebracht wurde.
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Seit 2005 wird überall auf der Welt immer am zweiten Samstag im Oktober der Hospiz- und Palliative Care-Tag, kurz Welthospiztag genannt, in angemessenem Rahmen begangen. Das Wort Feiern nimmt dabei niemand in den Mund.

Bei vielen Aktionen an diesem Tag steht das Gedenken im Vordergrund. So auch bei der Hospizbewegung Duisburg-Hamborn, die am Welthospiztag mit Infoständen auf Hamborner Altmarkt und in der Innenstadt auf der Königstraße nach langer Corona-Zwangspause erstmals wieder öffentlich präsent ist. Gedenken hat auch immer was mit Nachdenken, Informationen und Rückblicken zu tun, meint Geschäftsführerin Andrea Braun-Falco.

Zudem hat gerade die Hamborner Hospizbewegung, eine der ältesten in der Region, noch einen ganz besonderen Grund, zurückzublicken, sich zu erinnern, vielleicht in diesem Fall sogar still im tiefen Inneren zu feiern, vor allem aber, daraus Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Denn in einer Zeit der zunehmenden Sprachlosigkeit sei es wichtiger denn je, mit Sterbenden, ihren Angehörigen und den Trauernden zu reden.

Von Joseph Schmitz
ins Leben gerufen

Das hatte der Hamborner Lehrer Joseph Schmitz schon vor genau 30 Jahren auf dem Schirm. Im Oktober 1991 rief er mit Gleichgesinnten und einer kleinen Truppe von engagierten Weggefährten die Hospizbewegung Hamborn ins Leben. Er hat sich über ähnliche Organisationen in England informiert. Dort machte das bürgerschaftliche Engagement, Sterbende nicht allein zu lassen, ihnen zur Seite zu stehen und sie zu begleiten, landesweit Schule.

In Hamborn hat Schmitz zügig die ersten Vorbereitungskurse auf den Weg gebracht. In jeweils knapp 40 Unterrichtsstunden – in den heutigen Kursen sind daraus 120 Stunden geworden – wurde regelrechte Pionierarbeit geleistet. Die Hamborner waren der erste ambulante Hospizdienst in Duisburg war. Selbst in anderen Regionen Deutschlands gab erst seit Mitte der 80iger Jahre erste, ganz wenige ambulante und stationäre Hospizarbeit und Hospizinitiativen. Mit der Gründung des Vereins gehörte die Hospizbewegung-Duisburg-Hamborn e.V. tatsächlich zu den Pionieren in Deutschland und vor allem in NRW.

Thema Sterben
enttabuisieren

Ziel der Hospizbewegung war es dabei von Beginn an, die Hospizidee in Duisburg einzubringen. „Damals wie heute wollte man einen Menschen am Lebensende nicht allein lassen, aber auch die Themen Sterben, Tod und Trauer enttabuisieren“, sagt Andrea Braun-Falco.

„In den darauffolgenden Jahren ist die Hamborner Hospizbewegung zu einer richtigen Bürgerinitiative der großen Hilfe zusammengewachsen“, ist sie Schmitz und den Mitgründern dankbar und stolz auf das, was sie geleistet haben. Allerdings war die Organisation immer vielen Veränderungen und Wachstumsprozessen unterworfen. Durch die Krankenkassenunterstützung ab dem Jahr 2002 wurden Dokumentationen zunächst auf Papier, dann digital erforderlich.

Professionelle Qualität wurde zum Leitgedanken. Dadurch lasse sich der zeitliche Aufwand für die künftigen Ehrenamtler schon in den Vorbereitungskursen erkennen. Die Palliative Pflege und Palliativmedizin wurden in den letzten 15 bis 20 Jahren in Deutschland selbstverständlich und bildeten vielerorts ein sicheres Netz gemeinsam mit der hospizlichen Begleitung.

Dem Ursprung
treu geblieben

Der Aufbau eines Netzwerkes hospizlich-palliativer Kultur wurde daher auch in Duisburg wichtig. „In diesem Netzwerk war und ist die Hospizbewegung Hamborn intensiv und aktiv eingebunden“, verdeutlicht sie im Gespräch mit dem Wochen-Anzeiger. Bei all' dem, so betont sie. sei die Hospizbewegung ihrem Ursprung treu geblieben.

Wörtlich sagt sie: „Wir sind ein Bürgerverein, bei dem Bürger Bürger begleiten, wobei wir gleichzeitig hoch professionell agieren und einen wichtigen Baustein im Netzwerk bilden.“ Aus dem Pionier der ersten Stunde ist in den 30 Jahren ein großer Verein gewachsen mit gut 450 Mitgliedern und etwa 95 Ehrenamtlichen von denen derzeit etwa 50 in der Begleitung Sterbender tätig sind. Jährlich werden derzeit über 130 Menschen am Lebensende begleitet und viele Angehörige durch ihre Trauerzeit.

Palliative und Sozialberatung gehören ebenso zum Aufgabenfeld der Hospizbewegung wie Beratung zu Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Vorträge über Themen rund um Sterben, Tod und Trauer sind selbstverständlich, ebenso wie Unterricht in weiterführenden Schulen, um auch jungen Menschen diese Themen nahe zu bringen.

Ohne Ehrenamtliche
geht gar nichts

30 Jahre Hospizbewegung Duisburg-Hamborn sei eigentlich ein Grund für große Feierlichkeiten, meinen sie und ihre hauptamtlichen Kolleginnen Anita Scholten und Helga Jochem-Balshülsemann. Die Corona-Lage im Blick, haben sich die Verantwortlichen aber entschieden, keine große Geburtstagsfeier durchzuführen.

Andrea Braun-Falco lächelt jetzt verhalten und nachdenklich: „Glücklich und dankbar bin ich aber über die vielen Ehrenamtlichen, die teilweise schon so lange bei uns aktiv sind.“ Mehr als 35 Frauen und Männer sind länger als zehn Jahre ununterbrochen dabei, einige sogar mehr als zwei Jahrzehnte.

Und auch die hauptamtlichen Mitarbeiterinnen sind alle weit mehr als zehn Jahre bei der Hospizbewegung. Dies in kleinen Kreisen zu würdigen, ist der Hospizbewegung am 30. Geburtstag ein wichtiges Anliegen.

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

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