Verein hilft bedürftigen Krebspatienten
Auszeit für die Seele

Der historische Museumshafen Carolinensiel liegt nur unweit des Ferienhauses Wattlöper. 
Foto: Benjamin Bonnekamp
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  • Der historische Museumshafen Carolinensiel liegt nur unweit des Ferienhauses Wattlöper.
    Foto: Benjamin Bonnekamp
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Krebs macht arm. Nach Auslaufen des maximal 18 Monate lang gezahlten gesetzlichen Krankengeldes erhält rund ein Drittel der Krebspatienten Arbeitslosengeld, Grundsicherung oder Erwerbsunfähigkeitsrente. Eine Ferienwoche, zum Beispiel an der See, wird dann schlichtweg unbezahlbar.

Hier können Annemarie Hunecke und Reinhard Göddemeyer vom Hilfsverein „Auszeit für die Seele“ helfen. Sie waren auf das israelische Projekt „Refanah“ gestoßen, das Krebskranken kostenfreie Ferien ermöglicht: „Das schien uns eine gute Sache. Also haben wir das nach Deutschland gebracht. Wir vermitteln bedürftigen Krebspatienten und deren Angehörigen Ferienaufenthalte. Wie ein Reisebüro, nur das bei uns die Kunden nichts bezahlen müssen.“

Sozial eingestellte Vermieter

Vermieter wie der Essener Benjamin Bonnekamp stellen ihre Ferienobjekte kostenlos zur Verfügung. Bonnekamp wohnt in Überruhr und spendet eine Woche im beliebten Nordseeheilbad Carolinensiel. Direkt am historischen Museumshafen liegt das Ferienhaus „Wattlöper“, welches ihm und seiner Schwester gehört: „Ich war bei facebook auf die Initiative gestoßen und fühlte mich sofort angesprochen. Soziales Engagement ist mir wichtig. Jeder sollte seinen Beitrag leisten. Ich sehe das ganz entspannt: Mir tut es nicht weh und ich kann anderen damit einen Gefallen tun. Wir sind zum ersten Mal dabei, aber es soll keine einmalige Sache bleiben.“

Der Verein „Auszeit für die Seele“ übernehme Endreinigung, Kurtaxe, eventuell sogar An- und Abtransport, berichtet Göddemeyer. Schon aus Datenschutzgründen könnten nur Vereinsmitglieder unterstützt werden, wobei der Jahresbeitrag mit 25 Euro betont niedrig gehalten sei: „Da unsere Gemeinnützigkeit regelmäßig vom Finanzamt kontrolliert wird, müssen wir auf die Vorlage der ärztlichen Diagnose sowie einer Bescheinigung bestehen, dass der Antragsteller auch wirklich bedürftig ist.“ Die für das Projekt benötigten Einnahmen stammen aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und den regelmäßig stattfindenden bundesweiten Touren der Benefiz-Biker, zum Beispiel im Ruhrgebiet. Die motorisierten Teilnehmer spenden ihre Startgelder von 20 Euro je Maschine für den guten Zweck.

Reisefähige Patienten gesucht

Die Pandemie schränkt die Vereinstätigkeit zwar stark ein, doch immerhin konnten in diesem Jahr schon 22 Auszeiten organisiert werden. 50 Anträge sind noch in Bearbeitung. Bereits über 110 Besitzer von Ferienunterkünften in Deutschland und im Ausland machen mit. Oft sind es einmalige Angebote, manche aber reservieren immer wieder mehrere Wochen. Wegen dieser höchst erfreulichen Unterstützungsbereitschaft sucht der Verein aktuell reisefähige Patienten, die freie Quartiere jetzt in der Nachsaison und der kommenden Frühsaison belegen können: „Im Moment haben wir für die vielen Objekte gar nicht genug Patienten.“

Dabei wären viele durchaus reisewillig. Reinhard Göddemeyer denkt etwa an die 77-jährige Dame, die ihren Reiseantritt immer wieder verschieben musste, nach drei schlimmen Jahren mit über zehn schweren OPs in Vollnarkose aber endlich doch das Angebot des Vereins in Anspruch nehmen konnte: „Und es hat ihr so gut getan.“ Er denke aber auch an den Mann mit Krebs im Endstadium, der sofort seine Reise antreten konnte, sich am Meer richtig gut fühlte und sogar ausgedehnte Wattwanderungen unternahm. Eine schöne, aber auch letzte Auszeit. Der Verein organisierte für ihn eine Seebestattung.

Familien mit Kindern

Die Ferienwohnungen werden natürlich hauptsächlich in der Nebensaison angeboten, Ausnahmen bestätigen aber die Regel: „Einige unserer Vermieter blockieren für uns auch in den Sommerferien. Wir belegen jetzt schon den Kalender fürs nächste Jahr, vor allem für Familien mit schulpflichtigen Kindern.“ Von April bis Oktober stehen auf dem Campingplatz Harlesiel direkt am Meer zwei voll eingerichtete Wohnwagen zur Verfügung, ideal für Familien mit Kindern: „Schon zweimal war eine Patientin aus Essen hier, mit ihren Kindern und deren Großeltern.“

Annemarie Hunecke und Reinhard Göddemeyer werben aktuell ganz besonders um Krebspatienten aus dem Ruhrgebiet, da ihnen Berichte vorliegen, dass viele Familien für einen Urlaub absolut kein Geld hätten: „Sprechen Sie uns an. Wir können helfen.“ In vielen Krebskliniken, Reha-Einrichtungen und Sozialberatungsstellen liegen die Flyer des Vereins aus. Der Verein „Auszeit für die Seele“ ist über die Internetseite www.auszeitseele.de oder telefonisch unter 04464-8699473 zu erreichen.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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