Petershofer Modell - Pater Oliver mit neuen Ideen
Sozialarbeit mit langem Atem

Pater Oliver und Sozialarbeiter Topac suchen das Gespräch mit den Marxloher Jugendlichen.
Foto: Petershof
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Pater Oliver vom Marxloher Petershof stellt in Abstimmung mit der Jugendgerichtshilfe vom Amtsgericht Hamborn die Ableistung von Sozialstunden nach dem Jugendstrafrecht neu im katholischen Sozialzentrum auf.

Und er bettet zusätzlich das, was seit Jahren dort mit gut 100 Teilnehmern pro Jahr läuft, ab August oder September in ein fertig entwickeltes Seminar für die vom Gericht herangezogenen jungen Menschen ein. Sozialarbeit im wahren Sinn des Wortes. Da geht um Agression, ganz nah an und bei den Jugendlichen, aber auch Heimat, Ankommen in Deutschland und Zusammentreffen mit der Polizei hat der Pater dabei im Blick.

Auflagen des Gerichts können Jugendliche auch verunsichern. Der Petershof setzt deshalb auf ihre Beteiligung an der Sozialarbeit im Stadtteil Marxloh. Oguz Topac spricht Klartext. „Mit eigenen Augen habe ich mitbekommen, dass ein Anti-Aggressionstraining Jugendliche mit sozialen Problemen nicht weiterbringt.“ Der Mann, Ende 20, ist Sozialarbeiter am Marxloher Petershof.

Mit sich selbst
auseinandersetzen

Er ist beteiligt an einer Initiative des katholischen Sozialzentrums, die den traditionellen Umgang mit abgeleisteten Sozialstunden für Jugendliche neu aufstellt. „Junge Männer, die hier in Marxloh auch aus bulgarischen und rumänischen Familien kommen, brauchen Gerichts-Beschlüsse. Aber sie brauchen auch die Auseinandersetzung mit sich selbst.“

Auf dieser Basis vereinbarten die Jugendgerichtshilfe und der Petershof 2020 ein neues Konzept, das wegen Corona aber nie ganz umgesetzt werden konnte. Dieses „Petershofer Modell“ bietet zukünftig Jugendlichen Seminare und begleitete Einsätze der sozialen Arbeit im Stadtteil an.

Petershof-Leiter Pater Oliver Potschien: „Vielleicht gelingt durch die verordneten Sozial- und Arbeitsstunden manch einem sogar ein Einstieg in Minijobs bei uns.“ Schönreden wollen Topac und der Prämonstratenser-Chorherr von der Abtei in Hamborn aber nichts. Topac hat einen Draht zu vielen Jungs in Marxloh;. er ist auch Mitbegründer des bekannten Petershof-Boxclubs. Und Pater Oliver weiß, dass es für Menschen abseits der „normalen“ Gesellschaft kein „automatischer Weg“ in die Arbeit und zur Integration führt.

Jugendliche
oft verunsichert

Seit Jahren begleitet der Petershof meist junge Männer bei gerichtlich angewiesenen Sozialstunden. „Die Entscheidungen von Gerichten sind für Jugendliche häufig ein verunsichernder Schock“, weiß der Pater. „Wer schon länger in Deutschland ist, versteht vielleicht die gerichtliche Sprache.“ Andere fühlten sich in der Folge abgestempelt. Dennoch müssten Verstöße geahndet werden. „Diesen Schwierigkeiten trägt das neue Petershofer Modell trägt Rechnung, es relativiert aber nicht den Sühnecharakter der Gerichtsentscheidung."

Zum Konzept gehören Seminare, Sozialstunden und Stadtteil-Arbeit, es läuft nach den Sommerferien an. Es ist mitgeprägt durch Erfahrungen katholischer Sozial- und Jugendarbeit und will gerade junge Menschen auf ihre Spur bringen. Topac: „Die Jungs, die zu uns kommen, gehen dann im Frühherbst mit unseren Stadtteil-Paten auf die Straße.“ Paten sind vier städtisch bezuschusste Petershof-Mitarbeiter. In deren Muttersprachen begegnen sie mit den Jugendlichen dann Familien und vielleicht auch Clans im Stadtteil.

Für Topac zählt schon zuvor im Seminar die Auseinandersetzung mit Konflikten. „Neu Zugewanderte haben unterschiedliche Konzepte von Zusammenleben, der eigenen Identität und der Rolle des Staates als ein Gegenüber“, erklärt eine schriftliche Information des Petershofes zum Seminar. Auch Herkunft und die eigene Heimat sind Thema. Topac: „Später kommen wir über Leben, Arbeit und ein gutes Zusammenleben ins Gespräch.“

Pater Oliver blickt optimistisch auf den Herbst. „Wir starten neu. Sozialarbeit mit langem Atem und die Erlebnisse der Jugendlichen unterwegs im Stadtteil können ihnen helfen.“

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

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