Nackt

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Irgendwo im Nirgendwo des deutsch-holländischen Grenzgebiets ist aus einem der zahlreichen Altrheinarme ein idyllischer See entstanden. Das sonnig warme Wetter nötigte sich für einen Ausflug ins Grüne geradezu auf und so beschlossen wir einmal um den langgestreckten See zu wandern.

Über den von massig Spaziergängern, Fahrradgruppen und Bikern bevölkerten Deich gelangten wir in kaum einer halben Stunde Fahrtzeit zum Zielort. Die Sonne gab alles und strahlte hinunter auf einen fast spiegelglatten blaugrünen See. Den naturbelassenen Weg teilten wir uns anfangs noch mit ein paar Familien und ihren übermütigen Vierbeinern, die sich schwanzwedelnd einem weit geworfenen Stöckchen hinterher ins eiskalte Wasser warfen. Es ging vorbei an hohen Weißdornhecken und einer Butterblumenwiese mit tiefroten Kleetupfern dazwischen. Ein einzelnes Schwanenpärchen zog majestätisch seine Bahnen. Ich begann mich gerade zu ärgern, dass wir ausgerechnet heute unsere Kamera nicht dabei hatten, als etwas am Ende des Weges unsere Aufmerksamkeit auf sich zog.

Ein nackter Mann stand dort in voller Pracht und allergrößter Selbstverständlichkeit und blickte gelassen hinüber auf das Wasser. Ok, kein Problem, kurz grüßen und einfach dran vorbei. Schließlich sehen wir ja nicht zum ersten Mal 'nen Kerl im Adamskostüm. Da wir jetzt gut die Hälfte der Seeumrundung geschafft haben, überlegen wir, einen kleinen Abstecher runter zum Rhein zu machen, der die andere Seite des Sees begrenzt. Aber schon wieder werden wir abrupt ausgebremst. Vor uns auf dem Sandstrand lagert ein ganzes Rudel nackter Männer auf ihren Strandmatten. Ist Gran Canaria neuerdings gleich nebenan? Eine Bucht weiter bot sich uns ein Stillleben der ganz besonderen Art: Ein, raten Sie mal, nackter Mann mit seinen Füßen im Wasser, kurz dahinter eine der schwarzen Gallowaykühe mit ihrem Kälbchen.

Hilfe, wo sind wir hier bloß hineingeraten? Es gab doch kein einziges FKK-Hinweisschild am Durchlass zum See … Schließlich fanden wir aber doch noch eine Stelle zum bekleideten ;-) Sonnen und beobachteten große Frachtschiffe und kleine Segler, einen Schubverband und das originell aufgemachte Pannekoek-Boot aus Nimwegen. Als schließlich ein Trüppchen Jet-Skifahrer die Welle machte und winkend an uns vorüberzog, kam ich mir immer mehr vor wie in einer bizarren Parallelwelt. Jet-Ski und die Invasion der Nackedeis am Rhein?

Auf dem Rückweg zum See kam es uns fast schon normal vor, von einem nackten Mann mit seiner Fiets überholt zu werden. Blicke wanderten nicht mehr krampfhaft zur Seite sondern stellten sich den nackten Tatsachen, die zumeist knallbraun mit einer weißen „Hosenstelle“ in der Mitte waren. Zum Ende unseres Rundgangs hin fiel uns das absolut ungezwungene Miteinander zwischen Nacktfröschen und Badeanzüglern auf. Familien mit Kindern spielten und planschten auf der Seeseite während unter den mächtigen Pappeln launig der Freikörperkultur gefrönt wurde. Der absolute Brüller des Tages war der ältere engagierte Herr, der ohne einen Fetzen auf dem Leib mit Kamera und Stativ mitten auf dem Weg herumhüpfte und die blühenden Weißdornbüsche abzulichten versuchte.

Zum Abschluss dieses „interessanten“ Mittags wollten wir uns mit leckerem Koffie verkeerd und einem herzhaften Pilsje im Ausfluglokal gleich auf der anderen Straßenseite stärken. Schon fast auf FKK-Zwang eingestellt, wurden wir hier durch den beinahe großstädtischen Schick des Publikums überrascht.

Foto (1) von Jutta Rotter / PIXELIO http://www.pixelio.de
Eigene Fotos (Rest) vom 13.05.2012
Text aus Mai 2010

Autor:

Christiane Bienemann aus Kleve

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