Prof. Thorsten Brenner im Interview über den Umgang mit Corona am Uniklinikum Essen
"Wir sind gut vorbereitet"

Prof. Thorsten Brenner leitet die Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Essen (UKE). Im Interview erklärt er, wie sie Klinik auf das Coronavirus (COVID-19) vorbereitet ist. | Foto: UKE
  • Prof. Thorsten Brenner leitet die Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin am Universitätsklinikum Essen (UKE). Im Interview erklärt er, wie sie Klinik auf das Coronavirus (COVID-19) vorbereitet ist.
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279 Menschen sind in Essen derzeit (Stand: 3. April, 10 Uhr) am hochansteckenden Coronavirus (COVID-19) erkrankt. 49 von ihnen werden stationär im Uniklinikum (UKE) behandelt. Wie es ihnen geht und ob die Behandlung von acht schwer erkrankten Franzosen im UKE riskant ist, erklärt Prof. Thorsten Brenner, Leiter der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, im Interview mit Christian Schaffeld.

Herr Professor Brenner, wie geht es den Menschen, die im Uniklinikum behandelt werden?

Prof. Brenner:Die Zahl der Patienten lag in den vergangenen Tagen immer um die 50. 23 Patienten liegen auf einer Intensivstation, 19 Patienten sind beatmungspflichtig. Das heißt sie befinden sich in einem potenziell lebensgefährdeten Zustand. Wir konnten aber Maßnahmen treffen um ihren Zustand zu stabilisieren und haben das deshalb gut im Griff.

In welchem Alter sind die Patienten und mit welchen Beschwerden werden sie bei Ihnen behandelt?

Die meisten Patienten leiden unter Organversagen, wie der Lunge und sind zwischen 50 und 83 Jahren alt.

Können Sie beschreiben, wie sich die Patienten fühlen?

Die durch uns auf Intensivstation betreuten Patienten sind alle adäquat abgeschirmt, so dass Sie stress- und angstfrei sind.

Wie behandeln Sie das Virus?

Bislang steht uns kein für die Behandlung des Corona-Virus zugelassenes Präparat zur Verfügung. Im Sinne eines individuellen Heilversuches setzen wir (Hydroxy-)chloroquin ein. Ansonsten erfolgt eine ARDS-Therapie auf Basis aktueller Leitlinien. Zudem wurden allein in den vergangenen beiden Wochen von unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am Universitätsklinikum Essen 15 Anträge zur Corona-Forschung erstellt. Elf sind bereits bewilligt, so dass die Studien sofort anlaufen konnten und den in der Universitätsmedizin behandelten Patienten zu Gute kommen.

Wie kann sich der Laie das vorstellen?

(Hydroxy-)chloroquin ist ein Medikament, das den Patienten verabreicht wird. Die Erfahrung von chinesischen Ärzten hat gezeigt, dass es funktionieren kann. Aktuell gibt es in Deutschland noch keine zugelassene Therapie. Deshalb wenden wir die Acute respiratory distress syndrome Therapie (ARDS-Therapie) an. Das Medikament ist dazu gedacht, akutes Lungenversagen zu verhindern.

Werden die Plätze für Corona-Patienten denn ausreichen?

Wir sind auf alle Fälle gut vorbereitet und halten eine hohe Anzahl an Intensivbetten ausschließlich für COVID-Patienten bereit. Die Frage, ob das reichen wird, kann Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings niemand final beantworten.

Es sollen schwer an Corona erkrankte Personen aus Frankreich ins UKE gebracht werden, um dort behandelt zu werden. Sind diese Personen schon da? Wie geht es ihnen?

In den letzten Tagen wurden insgesamt acht an COVID-19 erkrankte Patienten aus Metz übernommen,um die französichen Kliniken zu unterstützen. Sie befinden sich in einem kritischen, aber stabilen intensivmedizinischen Zustand befinden.

Die Aufnahme erfolgte im Zuge eines humanitären europäischen Hilfsprojektes.
(Prof. Thorsten Brenner vom UKE über die Aufnahme von schwer an Corona erkrankten Franzosen)

Wie kam es zustande, dass diese Patienten überhaupt in Essen behandelt werden?

Die Aufnahme erfolgte im Zuge eines humanitären europäischen Hilfsprojektes. In Frankreich waren alle Intensivbetten belegt, sodass die Patienten sonst verstorben wären. Deshalb wurden sie zu uns gebracht. Mittlerweile sind die Patienten auf dem Weg der Besserung.

Wird eine solche Hilfe für andere Länder abgelehnt, wenn die Fallzahlen auch bei uns drastisch ansteigen?

Durch diese Aufnahmen aus dem EU-Ausland wird die Versorgung der regionalen Bevölkerung nicht gefährdet, da wir eine ausreichend hohe Reservekapazität an Intensivbetten vorhalten. Da braucht sich niemand Gedaken machen.

Was passiert, wenn die Zahl der Corona-Patienten schlagartig in die Höhe schießen sollte?

Auch für diesen Fall sind wir gut vorbereitet und werden uns um die erkrankten Patienten unabhängig von Ihrer Erkrankungsschwere adäquat kümmern können.

Werden alle COVID-Patienten in Essen gesammelt im UKE behandelt?

Nein, die Menschen werden auch in den peripheren Kliniken behandelt. Wir müssen aber die Entwicklung sehen. Die Schwersterkrankten kommen zu uns.

Wie schützen Sie sich bei Ihrer täglichen Arbeit im Klinikum?

Wir haben ausreichend persönliche Schutzausrüstung (PSA) zur Verfügung, um unser Personal jederzeit vor möglichen Übertragungen schützen zu können.

Abschließende Frage: Wie sieht die Versorgung von Schutzmasken und Desinfektionsmitteln im UKE aus?

Durch eine vernünftige Lagerhaltung und ein vorausschauendes Bestellwesen ist die Versorgung mit persönlicher Schutzausrüstung sowie Desinfektionsmitteln sichergestellt, so dass wir unserem Versorgungsauftrag adäquat nachkommen können.

Autor:

Christian Schaffeld aus Oberhausen

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