Uraufführung „Vom Licht“ im Theater an der Ruhr
„Irrwege bis zum bitteren Ende“

Mauro Martinuz, Marco Menegoni und Regisseur Simone Derai vom italienischen Künstlerkollekiv Anagoor (v.l.) blicken voller Vorfreude auf das neue Kapitel der konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Theater an der Ruhr.
Foto: PR-Foto Köhring
  • Mauro Martinuz, Marco Menegoni und Regisseur Simone Derai vom italienischen Künstlerkollekiv Anagoor (v.l.) blicken voller Vorfreude auf das neue Kapitel der konstruktiven Zusammenarbeit mit dem Theater an der Ruhr.
    Foto: PR-Foto Köhring
  • hochgeladen von Reiner Terhorst

Die bewährte internationale Kooperation zwischen dem Theater an der Ruhr und der italienischen Performancegruppe Anagoor geht in die nächste Runde. Nach „Germania“ im vergangenen Monat steht am Samstag, 19. März, die Uraufführung „Vom Licht“ nach einem Roman von Anselm Neft an. Quintessenz: Was harmlos-familiär beginnt, endet tragisch und tödlich.

Aus Wegen werden Irrwege. Aus Licht wird tödlicher Schatten. Anagoor-Regisseur Simone Derai setzt Eigendynamiken in Szene, die das Unerklärliche erklärbar machen. Er habe sich weitgehend an die Sprache des Autors gehalten. „Allein die Sprache sorgt für extreme Spannung“, sagt er, die er aber durch die Bildhaftigkeit seiner Inszenierung noch verstärkt hat. Das sei für ihn durchaus eine Herausforderung gewesen, denn Nefts Sprache ist radikal, die Dialoge verstörend und erschütternd.

Aus der ursprünglich heilen Welt auf einem österreichischen Bergbauernhof, dem in der Katastrophe mündenden Zwiespalt zwischen realer und erwünschter Welt und nicht zuletzt aus der religiösen Überzeugung von Nefts Protagonisten, dass alle Materie böse und falsch ist, hat der Regisseur ein Gesamtpaket geschnürt, das zugleich ein Plädoyer gegen Abschottung und fundamentalistisches Denken ist.

Abgeschottet

Was daraus entstehen kann, wird aus der Sicht des 21-Jährigen Adam erzählt, In der Dachkammer eines entlegenen und verwilderten Selbstversorgerhofes im österreichischen Voralpenland schreibt er über sein bisheriges Leben, das abgeschottete Landleben ohne Schulbesuch, die religiöse Heimerziehung durch seine Zieheltern und seine innig geliebte, drei Jahre ältere Stiefschwester Manda. Durch seine Notizen versucht Adam zu verstehen, was mit seiner Familie geschehen ist, wie er der wurde, der er ist, und was er tun kann, um trotzdem weiterzuleben oder halt nicht.

Adam und Manda wachsen mit ihren Zieheltern Valentin und Norea auf besagtem Hof auf, ohne nennenswerten Kontakt zur Außenwelt. Sie besuchen keine öffentliche Schule, sondern werden von den Eltern zuhause unterrichtet. Die sind fest überzeugt, dass die Welt ein schlechter Ort ist und nur die Heimkehr in ein entmaterialisiertes Lichtreich das Ziel ihrer Existenz sein kann, Diese Überzeugung geben sie an ihre Kinder alternativlos weiter. Bis zum bitteren Ende.

Wie immer, so betont Dramaturgin Paola Barbon, „wird die Begegnung mit literarischem Material für Anagoor zu einer Gelegenheit, einige der empfindlichsten Nerven des Westens zu berühren.“ Ausgehend von einer schwierigen Familienkonstellation, einer Geschichte der Isolation und Absonderung von der Welt, entwickelt sich „Vom Licht“ unerwartet zur radikalen Reflexion über das Konzept von Familie, Elternschaft und Erziehung.

Perspektiven

Die Inszenierung des italienischen Kollektivs ist wieder gleichermaßen bildgewaltig und hochmusikalisch. Eingeblendete Dias und nicht begleitende, sondern prägende Musik, zusammengestellt von Mauro Martinuz, eröffnen zusätzliche Perspektiven beim Blick in menschliche Abgründe.

Bei Germania stand Anagoor-Schauspieler Marco Menegoni mit auf der Bühne des Hauses am Raffelbergpark. Er hat diesmal die Regieassistenz inne, denn Mitwirkende sind ausschließlich Akteure des Theaters an der Ruhr, für die Derais Inszenierung ebenfalls eine Herausforderung ist. Gleich drei Rollen verkörpert etwa Petra von der Beek, darunter einen Mann. „Erstmals in meinem Schauspielerleben“, lacht sie. Zudem sind Dagmar Geppert, Berit Vander, Leonhard Hugger und Steffen Reuber mit von der Partie.

Helmut Schäfer, Mitbegründer des Mülheimer Theaters, lobt die künstlerische Entschiedenheit von Anagoor, die auch bei der aktuellen Inszenierung zu spüren ist. Er ist überzeugt, dass die Zusammenarbeit fortgesetzt und intensiviert wird.

Termine

Der Uraufführung am Samstag, 19. März, folgen weitere Vorstellungen am 20. und 26. März sowie am 9. und 10. April. Karten gibt es unter Tel. 0208 / 599 01 88 sowie über die Hompage www.theater-an-der-ruhr.de.

Autor:

Reiner Terhorst aus Duisburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

36 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.